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Alexandra ist aus Diwnogorsk |
Wenn man Krasnojarsk auf dem Ostufer in südlicher Richtung verlässt, vorbei an den Sport- und Freizeitanlagen von "Bobrowy Log", kann man in die herrliche sibirische Natur eintauchen. Hier befindet sich der Naturpark "Stolby" und der Krasnojarsker Zoo. Vorbei an den für Sibirien so typischen Holzhäusern, bewegt man sich immer entlang des Jenissej auf den Bergketten, die den großen Fluss hier einfassen. Es gilt auch einige Höhenzüge zu überwinden, bevor man nach etwa 30 Kilometern zu einer Brücke über die Mana, einem Nebenfluss des Jenissej, kommt. Und dann folgt auch sehr bald das Städtchen Diwnogorsk, das wir am Sonntag besuchten.
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Союз Социалистических Советских Республик |
Ich war bereits vorgewarnt: "Da ist nichts los!" Aber wieder einmal bestätigte sich die alte Weisheit, dass die persönliche Einstellung das Abenteuer macht. Nach einer etwa 40-minütigen Autofahrt kamen wir an den mit einem gepflegten Sowjetsymbol gezierten Stadteingang und dann weiter in das "Zentrum" der Stadt. Zentrum ist ein, wie ich jetzt weiß, sehr dehnbarer Begriff, denn dieses erkannte ich nicht. Ein paar kleine Geschäfte gruppieren sich um den Rynok und eine Art Parkplatz - ja, das ist das Zentrum einer Stadt, die sich, an den Berghang gekrallt, zwischen wilden Wäldern weithin erstreckt.
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Ja, das ist mitten in der Stadt |
Der erste Höhepunkt war denn auch die weit ausgreifende Treppe zum Jenissejufer hinunter. Alexandra hatte mich schon vorgewarnt: "Es gibt Dinge, die machen den Russen stärker und bringen den Deutschen um." Nun, ich lebe noch, aber das verdanke ich nur meinen guten Augen. Jede Stufe sollte man vor dem Betreten genau mustern, denn hier gibt es keine zwei Stufen, die einander auch nur im Entferntesten ähneln. So ging es denn am Ufer des Jenissej entlang durch die schöne Natur (immer noch mitten in der Stadt) und dann wieder den Berg hinauf vorbei an weiteren sibirischen Holzhäusern. Hier bemerkte ich dann auch die vielen kleinen mit einerm Metalldeckel verschlossenen Löcher im Boden. Ein Mann stand mit einem Korb an einem langen Seil über einem dieser offenen Löcher und beförderte Gemüse ans Tageslicht. "Podwal (dt. Keller)", nannte Alexandra diese Löcher. Aha, das also sind die berühmten sibirischen Kühlschränke, "
eigentlich verboten", sagte Alexandra. Aber es ist mit diesen Podwaly genauso wie mit vielen anderen
eigentlich verbotenen Dingen: Je mehr Leute etwas tun, desto
eigentlicher ist es verboten! Was soll man da machen? Sich an das Gewohnheitsrecht halten und so unauffällig bleiben, oder dem Gesetz folgen und damit die Aufmerksamkeit und das Misstrauen aller auf sich lenken?
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Das schönste Holzhaus in ganz Diwnogorsk |
Ganz speziell war wieder einmal der Besuch des Rynoks. Ein paar ältere Mütterchen saßen am Straßenrand und verkauften, was ihre Datscha hergab. Darunter gab es auch kleine gelbe Trauben, die ich noch nie gesehen habe. Mit der netten Übersetzung durch Alexandra erfuhr ich dann, dass diese "Oblepicha" so etwas wie ein sibirischer Gesundbrunnen für die kalte Jahreszeit sind. Höchst vitaminreich und im Geschmack herb-säuerlich wie eine Kreuzung aus Stachelbeere und Craneberry mit dem Hauch einer süßen Erdbeere, kann man diese Beeren zu enem Muß verarbeiten und mit Honig mischen oder auch in den Tee tun. Nach einer kleinen Kostprobe kaufte ich ein Glas mit diesen Früchtchen und vermischte sie zuhause mit Honig. Mein Leben ist wieder einmal um eine kostbare Erfahrung reicher geworden!
Ja, in Diwnogorsk ist nichts los. Aber dennoch lohnt sich ein Besuch für all diejenigen, die erfahren wollen, wie der Mensch mit der Natur leben kann und nicht gegen sie.
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