Sonntag, 30. September 2012

До свидания, дорогие родители!

Dieser Sonnenaufgang am heutigen Sonntag zeigt sehr deutlich, worauf meine alten Herrschaften jetzt verzichten wollen: Sonne, Sonne, Sonne! Vater schrieb heute in sein Tagebuch: "Von Großstadt und Gaststätten habe ich jetzt genug. Pellkartoffeln und Quark oder Rührei und Gurkensalat sind meine Wünsche!" Nun, genießt ihr eure Pellkartoffeln im deutschen Novemberregen, ich genieße meinen Borschtsch unter sibirischer Sonne!
Der abendliche Sonnenuntergang bestätigt das noch einmal: Sonne, Sonne, Sonne!

Samstag, 29. September 2012

Дневник отца: Финал

Do, 27.09.12:
Immer wenn wir, Bärbel und ich, im Ausland waren und die Möglichkeit bestand, haben wir einen Friedhof besucht, denn Friedhöfe sagen viel über Land und Leute und die Beziehungen in der Familie aus. Wir kennen die russischen Friedhöfe von Leningrad, in Sibirien ist aber doch vieles anders: Am Rand des Friedhofs eine Gedenkstätte für die Gefallenen des II. Weltkrieges. Für mich als Berufssoldat a.D. ist das in Ordnung, und für die Russen sowieso.
Verraten und verkauft!
Immer stehen Panzer, Kanonen und anderes Kriegsgerät aus dem II. Weltkrieg an den Gedenkstätten - eine Möglichkeit der Verwendung von Kriegsgerät. Etwa 100 Meter neben dem Friedhof auf der anderen Straßenseite steht ein weiteres Denkmal für gefallene russische Soldaten im Einsatz nach dem II. Weltkrieg. Ehre den Gefallenen, Verachtung denen, die Soldaten sinnlos für fragliche Interessen in den Tod schicken.
Heute wurde uns die Ehre zuteil, die Schule und Gerts Kolleginnen genauer kennen zu lernen. Wir werden mit russisch-sibirischer Herzlichkeit aufgenommen. Ich hatte den Eindruck, dass die Direktorin höchste Autorität ist. Das muss man auch sein, wenn man eine so große Schule mit Erfolg führen will - und Erfolg hat die Schule, im Besonderen bei der Vermittlung der deutschen Sprache.


Fr. 28.09.12:
Die Zeit in Sibirien neigt sich dem Ende zu, und die Sehnsucht nach Hause wird immer größer.
Heute unternahmen wir einen Spaziergang am rechten Ufer des Jenissej unterhalb der Kommunalbrücke, sahen dann aber, wie ungepflegt die Uferstraße und der Fluss sind. Danach sind wir noch einmal auf den Rynok gefahren, um dort Andenken und kleine Geschenke für die Freunde in Güsen zu kaufen.
Am Abend gab es ein reichhaltiges Abendessen mit Gerts russischen Freunden, Nadja und Tanja, im Ratskeller am Prospekt Mira. Es war ein netter, unterhaltsamer Abend, die Bedienung hatte viel Geduld mit uns und war um unser Wohlbefinden bemüht.


Sa, 29.09.12:
Мама, Волк и Папа
Wir meinten, nun alles Wichtige von Krasnojarsk gesehen zu haben, haben dann aber erkannt, dass das falsch ist. Unser Sohn führte uns heute nach Bobrowij Log, einem Ausflugs- und Erholungsgebiet für die Krasnojarsker. Hier hat man wirklich etwas Tolles geschaffen, und das in einer Landschaft, die überragend schön ist. Ein herrlicher Blick auf die Stadt und den Fluss und dann in die Berge. Besonders schön muss es im Winter sein, Wintersportler haben hier beste Bedingungen.
Мама, сынок и Папа

Morgen ist unser letzter Tag in Krasnojarsk und wir werden unsere Sachen packen. Unsere Gedanken sind aber bereits zuhause. Auf Wiedersehen, Russland!
Auf Wiedersehen, wildes Sibirien!

Auf Wiedersehen, schönes Krasnojarsk!

Donnerstag, 27. September 2012

Дневник отца: Иркутск и Байкал (2)

Sa, 22.09.12:
Der Kleine wollte doch nur fressen.
Wir wollten wissen, wie man mit der Bahn nach Port Baikal kommt, und unternahmen einen Aufklärungsgang zum Bahnhof. Geht leider nicht! Danach ging es ins Museum der Dekabristen, die nach 1825 hierher verbannt wurden. Um das Museum zu verstehen, sind meines Erachtens Geschichtskenntnisse hilfreich. Hat uns sehr gefallen. Auf dem Weg zum Museum konnten wir einen Kampf zwischen Straßenkötern ums Fressen beobachten. Weil der Schwächere aber rechtzeitig das Weite gesucht hat, gab es keine Wunden.
Bärbel hat endlich ihr gewünschtes Kaffeehaus ansteuern können, das eine interessante Inneneinrichtung hat. Bei der Bedienung hatte man allerdings den Eindruck, dass sie in ihrer Ruhe nicht gestört werden wollte. Am Nachmittag haben wir dann noch einen Spaziergang auf der Uferpromenade gemacht. Auch die Irkutsker nutzen die letzten warmen Tage, bevor Herbst und Winter Einzug halten. Jetzt ist es 21.00 Uhr und hier zieht das erste Gewitter über die Stadt.

So, 23.09.12:
Die Zahl der Kissen zeigt Reichtum.
Heute morgen haben wir in Irkutsk einen bedeckten Himmel und die Straßen sind regennass, die Luft ist aber rein. Am Nachmittag haben wir dann gemerkt, dass wir in Sibirien sind, denn die Temperatur ist heute nicht über 10°C gestiegen. Wir waren glücklicherweise ordentlich gekleidet. Wieder sind wir in das Museumsdorf Talcy gefahren, weil es uns beim ersten Mal so gut gefallen hat. Hobbyarchäologen übten hier mit Detektor und Spaten, verschiedene Teile im Boden zu finden. Man hat uns sogar das Mitmachen angeboten, was wir aber wegen Unkenntnis ablehnen mussten.
Auf einem Spaziergang bis zum Ende der Leninstraße, die an der Angara endet, konnten wir zwei sehr schöne und gepflegte Plätze vor dem Regierungssitz des Irkutsker Gouverneurs entdecken. Hier sind die Straßen, Gehwege und Blumenanlagen vollendet und nicht so lieblos und halbfertig hinterlassen.






 Mo, 24.09.12:
Russische Straßenköterfamilie
Heute der letzte lange Marsch entlang der Angara und über eine Insel im Fluss, denn morgen gibt es keine lange Wanderung, weil wir abreisen. Auf der Insel haben wir ein Hunderudel von fünf Kötern fotografiert und sind dabei zum ersten Mal böse angebellt worden. Der Chef des Rudels war wohl böse, dass seine Familie ohne zu fragen fotografiert wurde.
Der Besuch des Kunstmuseums war eine Enttäuschung, denn die Anordnung der Stücke war lieblos. Man wird es sicher noch überdenken und ändern. Das Abendessen gab es dann nach Karte im Hotel "Rus", wobei wir wieder gut betreut wurden. Das Essen - Fisch für Bärbel und Hühnchen für mich, war ausgezeichnet. Ich habe mir sogar "сто грам водка" genehmigt.

Di, 25.09.12 + Mi, 26.09.12:
Der letzte Tag in Irkutsk! Wir haben viel Zeit, unsere Sachen in aller Ruhe einzupacken und eine Dusche zu nehmen, denn unser Zug fährt erst um 20.05 Uhr. Das Wetter ist nach nächtlichem Regen wieder sehr gut: Blauer Himmel, Sonne, Sonne, Sonne und Temperaturen um 14°C. Die Ausbuchung aus dem Hotel ist besser gelaufen als gedacht. Wir haben einen Dank in das Dienstbuch des Hotels eingetragen.  
20.05 Uhr: Auf die Minute genau setzt sich der Zug in  Bewegung. Die Eisenbahn ist wohl ein Unternehmen in Russland, das vorbildlich arbeitet. Die DB könnte sich ein Vorbild daran nehmen! Die Einrichtung des Großraumschlafwagens ist positiv, sauber und sehr ordentlich. Nur die Ausmaße sind für uns Deutsche eher gewöhnungsbedürftig - 56 Schlafplätze in einem Wagon! Im Speisewagen haben wir Tee und Butterbrote bestellt, aus reiner Neugier! Wir sind die einzigen Gäste, denn die Russen haben ihre Verpflegung am Platz - besser und preiswerter.

Дневник отца: Иркутск и Байкал (1)

Mo, 17.09.12:
Um 12. 50 Uhr nimmt der Zug nach Irkutsk seine Fahrt auf. Mit uns im Abteil sind noch zwei junge Männer, aber wir haben zum Glück die unteren Liegen. Jetzt liegen etwa 18 Stunden Zugfahrt mit über 1.000 km vor uns und wir sind in Irkutsk. Die Wälder links und rechts haben ein farbiges Herbstkleid angezogen. Die Zeit drängt, denn der Winter lässt nicht lange auf sich warten. Bei einem Halt auf einem kleinen Bahnhof bieten Einheimische ihre Produkte an (Obst, Gemüse etc.).
Um 22.00 Uhr beginnt die Nachtruhe und auch das Musikgeplärre wird abgestellt. Keiner schnarcht - nur wir ab und zu.

Di, 18.09.12:
Die Schönheit Irkutsks ...
Wir kommen um 08.23 Uhr, wieder etwa 1.000 km weiter östlich, in Irkutsk an - jetzt über 7.000 km von der Heimat. Der Bahnhof hier kann mit dem in Krasnojarsk nicht mithalten. Schon um 08.50 Uhr sind wir im Hotel "Rus" und sind vom Zimmer positiv überrascht. Nur der Taxifahrer hat uns übers Ohr gehauen. Na gut, er muss leben und wir werden unsere Wachsamkeit schärfen.
Auf dem Markt gibt es alles.
Ab 12.00 Uhr beginnt unsere Stadterkundung. Die Stadt hat etwas von der Schönheit St. Petersburgs und ist viel, viel sauberer als Krasnojarsk. Durch Zufall landen wir auf dem zentralen Markt und erleben wieder eine Überraschung. Von einem so reichen und niveauvollen Angebot konnte man vor 40 Jahren nur träumen im Urland des Kommunismus.

Mi, 19.09.12:
Es ist jetzt 09.20 Uhr und wir sitzen im Kleinbus nach Listwianka. An unserem unsicheren Gehabe hat man sofort erkannt, dass wir Ausländer sind und uns bei der Suche nach dem Bus geholfen. Nach 65 km und einer Fahrt von über einer Stunde sehen wir endlich den Baikal und tauchen etwa 20 Minuten später zum ersten Mal unsere Hände in Baikalwasser.
Von wegen "die harten Deutschen"!
Listwianka ist der erste Ort, den die meisten Touristen von Irkutsk aus ansteuern. Man kann aber nicht sagen, dass der Ort den besten Eindruck macht, denn hier gibt es noch viel zu tun. Der See hat glasklares Wasser und ist eine Augenweide. Nur im Norden liegen am See Papierfabriken und machen Dreck. Schade! Auf den Straßen und Märkten sieht man viele Menschen, die einen mongolischen Gesichtsausdruck haben, denn die Mongolei ist von Irkutsk nicht mal 500 km entfernt.
Und wieder nur Sonne, Sonne, Sonne und Temperaturen um 20°C! Auf der Fahrt zum Baikal sind wir durch einen bunten Herbstwald gefahren - hauptsächlich Birken, dann kommen Kiefern, Fichten und Pappeln.

Do, 20.09.12:
Heute sind wir rund 50 km zum Museumsdorf Talcy gefahren, einem Freilichtmuseum auf einer Fläche von ca. 70 Hektar, das alte und sehr alte Holzhäuser aus dem Baikalgebiet zeigt. Die Fahrt zum Museumsdorf mit einer "Marschrutka" war lebensgefährlich. Der ununterbrochen telefonierende Fahrer raste bei erlaubten 50 km/h mit mehr als 100km/h und überhohlte munter andere Fahrzeuge auch da, wo es verboten ist. Wir haben überlebt!
Die vier Stunden, die wir dort waren, haben sich wirklich gelohnt, denn es gab viel Interessantes zu sehen. Auch 10 bis 15 deutsche Touristen sind durch das "Dorf" gelaufen. Das Wetter war wie immer: Sonne, Sonne, Sonne und 21°C. Am Nachmittag sind wir dann zur Angara gefahren und haben dort eine kleine Flussreise gebucht.
Schon drei Tage suchen wir eine Post und haben nun endlich auch eine gefunden. Endlich konnte Bärbel ihre Kartengrüße absenden. Am Abend gab es ein richtig gutes Essen für 1.300 Rubel im Hotel. Weil wir aber sparsam sind, wollen wir nicht jeden Abend im Hotelrestaurant essen. Sind wir Deutsche zu sparsam oder gar geizig?

Fr, 21.09.12:
Blick von der "Raketa" über den Baikal
Heute unternahmen wir mit der "Raketa", einem Schiff, das die Strecke von 60 km in etwa einer Stunde bewältigt, eine kleine Tour auf der Angara bis zum Baikalsee und zurück. Die Angara hat nach dem Anstauen eine Breite von zwei bis drei Kilometern und liegt ganz ruhig vor uns. Die Ufer sind zum Teil Steilufer, auf denen recht und links bewaldete Berge aufsteigen. Jetzt leuchtet in diesen Wäldern das Laub in herrlichen Farben.
Touristisch noch nicht erschlossen
Vorbei an Port Baikal, mit einer Museumslok und sonst nur Booten, die auf ihre Verschrottung warten, geht es dann in den Baikalsee. An der Uferstraße von Listwianka hatten wir einen etwa 5 km langen Spaziergang in einer Gegend großer Gegensätze. Man ist dabei, schöne Ferienanlagen zu schaffen - das Umfeld sieht jedoch unfertig und ungepflegt aus. Mittagessen gab es in einer geschmackvoll eingerichteten Gaststätte, in der wir für etwa 1.000 Rubel richtig gut gegessen haben.

Donnerstag, 20. September 2012

В. Терёшкин: Осень - Территория Джаза

Als ich am 30. Januar völlig unvorbereitet in eine Tanzdarbietung von Terjoschkin stolperte, war ich wie vom Blitz getroffen und hatte mir auch gleich geschworen, das bei der nächsten Gelegenheit wieder zu sehen. Leider kam in den folgenden Monaten immer wieder etwas dazwischen. In der letzten Woche allerdings kam wieder einmal Lisa zu mir und bot mir eine Karte für Terjoschkin an - ganz vorn, in der zweiten Reihe! Natürlich sagte ich: Ja!
Nastja, ich, Lisa, Kristina
Da hatten wir uns dann am Dienstag abend vor dem "БКЗ", dem "Großen Konzertsaal" verabredet, um wieder einmal in die Abgründe einer musikalisch-tänzerischen Fantasmagorie abzutauchen. Und Lisa hatte, wie auch Kristina und Nastja, nicht zu viel versprochen. Auf der Bühne verrenkten sich in einer wild-ekstatischem Show die Tänzerinnen und Tänzer zu afrikanischer Musik und tief ins Knochenmark gehenden Trommelschlägen.
Das Besondere lag für mich dieses Mal allerdings nicht so sehr in der zum Teil postmodernen Musik oder in dem, wie gesagt an Pina Bausch erinnernden, Tanz, sondern vielmehr in den Gesichtern der Leute auf der Bühne. Da Lisa uns die besten Plätze im ganzen Saal sichern konnte, hatten wir eine klare Sicht auf die kleinste Regung in der Mimik, und ich konnte den Wahn der Musik auf den Gesichtern ablesen.
Was für ein Erlebnis! Darüber sollte man aber nicht reden, sondern man muss es sehen, weshalb ich sicher im November wieder dabei sein werde. Jetzt aber lassen wir nur noch die Bilder sprechen.

Dienstag, 18. September 2012

Столбы: поход с мамой и папой

Noch sind sie frisch
Und wieder einmal ging es raus aus der Stadt nach Stolby zu einer "Wanderung mit Mutter und Vater"! Schon seit langem hatte ich versucht, diese Wanderung mit Übernachtung in einer russischen Holzhütte als Höhepunkt des Urlaubs meiner Eltern zusammen mit den russischen Freunden zu organisieren.
Und so ging es am Samstag, nach einem gemütlichen Frühstück und ruhigen Start in den Tag, los in die Berge, wo wir zuerst etwa 8 Kilometer ununterbrochen bergauf marschieren mussten, bevor wir an das Ziel des Tages kamen.
Dementsprechend müde waren Mutter und Vater denn auch nach dem schwierigen Anstieg mit der ganzen Verpflegung auf dem Rücken. Mein Vater fragte einmal, wie denn das ganze Material zum Bau der Hütten in Solby dorthin in die Wildnis gekommen sei, wollte mir aber kaum glauben, als ich ihm versicherte, es wäre den gleichen Transport durchgegangen, wie unsere Verpflegung und die Schlafsäcke: auf dem Rücken von Menschen. Kaum sichtbar zwischen den Felsen haben hier die Stolbysti sich einige Hütten aufgebaut, die sich kunstvoll an den blanken Fels anschmiegen. Da ist natürlich, wie Vater auch gleich bemerkte, kein Platz für Schnickschnack, für besonderen Luxus. Aber in der netten Gemeinschaft der russischen Freunde, die uns herzlich willkommen hießen, wurde es urgemütlich.
Der Blick von oben von der Hütte aus.
Dima nahm uns auf eine kleine Wanderung zu einer anderen Holzhütte mit, die, hoch oben auf dem Felsen, nur über eine Leiter erreichbar ist. Und so konnten wir, nachdem wir Mutter zum Aufstieg überredet hatten, dort oben einen herrlichen Blick über die Taiga und einige Vororte von Krasnojarsk genießen. Dieser Blick musste natürlich mit dem Fotoapparat festgehalten werden - und dann passierte es! Ich hatte mich schon zum Abstieg bereit gemacht, als ich auf den Felsen unterhalb ein gedämpftes Scheppern hörte.
Da war der Fotoapparat noch da
Der Fotoapparat meiner Eltern hatte sich der Schwerkraft gebeugt und war in einem ungünstigen Moment herunter gefallen. Eine Suche nach den tausenden Splittern und der Speicherkarte ist in diesem unwegsamen Gelände natürlich Unsinn. Aber Glück im Unglück: Es ist niemand hinterher gefallen!
Am Abend dann ein für mich gewohntes Bild, als alle um den Tisch erst vor und dann, als es kälter wurde, in der Hütte herumsaßen. Erst als Vater bemerkte, dass "hier jeder Essen mitbringt und dieses auf den Tisch legt, woran sich dann jeder bedienen kann", fiel mir auf, wie normal das alles schon für mich geworden ist. Tee gibt es ja immer, und aus dem, was sonst noch mitgebracht wird, zaubern die Damen einen köstlichen Salat, der in einer großen Schüssel mitten auf dem Tisch steht. Jeder nimmt sich mit seinem Löffel dann, was er/sie haben möchte und isst dazu von dem Brot, der Wurst, dem Käse, oder auch den Keksen, Waffeln etc. p.p.
Man beachte die historische Kleidung
Bei all dem Gewusel am Tisch - es war wirklich sehr eng geworden - fragte Mutter mich irgendwann: "Und wo sollen wir alle schlafen?" Die Antwort auf diese Frage konnte natürlich nur lauten: "Platz ist in der kleinsten Hütte, und wat nich passt, wird passend jemacht!" Tatsächlich hatten alle ausreichend Platz zum Schlafen im Dachgeschoss. Da lagen wir dann dichtgedrängt in zwei Etagen und keiner schnarchte! Keiner? Doch, die deutschen Gäste beglückten ihre russischen Gastgeber mit periodisch auftretenden Sägegeräuschen, was aber niemanden (außer mir) zu stören schien.
Mutter beim Aufstieg
Der nächste Morgen weckte uns grau und trübe, denn es hatte ausgiebig geregnet und die Wolken wollten sich nicht verziehen. Meine Eltern waren, wie immer, als erste draußen und machten noch vor dem Frühstück einen kleinen Spaziergang, während nach und nach mehr Wanderer sich aus den Schlafsäcken schälten. So verpassten Mutter und Vater auch das urrussische Frühstück mit Schmorhühnchen und Buchweizengrütze, hatten aber etwas Brot mit Wurst und Käse. Erst gegen 12.00 Uhr brachen wir dann unter der Führung Dimas zu einer Wanderung zu den Felsen auf, die uns Nadja mit Tanjas Hilfe bei der Übersetzung erklärte.
Dankesworte im Logbuch der Stolbysti
Wir alle stellten uns dabei auch der sportlichen Herausforderung und erklimmten einige der leichteren "Säulen" und bewunderten wieder einmal die Schönheit der Natur: zwischen den Felsen wachsende Bäume und Farne, auf dem feuchten Boden gefallenes Laub in allen Farben, am Boden wuselnde "Burunduki" und Eichhörnchen und in der Luft hunderte von Kleibern. Der Abend erlebte uns dann in zufriedener Stille, bevor wir uns alle recht zeitig bettfertig machten.

Vater, wird es wirklich der Höhepunkt sein oder wird die am Montag begonnene Fahrt nach Irkutsk an den Baikal etwa besser?

Freitag, 14. September 2012

Дневник отца: наблюдения

So, 09.09.12:
Mit dem Bus Nr. 79 sind wir an den Stadtrand in ein riesiges Einkaufszentrum "Planeta" gefahren. Hier gibt es alles und noch ein bisschen mehr. Die Russen drehen durch!? Ein Pott Kaffee für 4,- € ist für den einfachen Russen kaum erschwinglich. Im Lebensmittelabteil gibt es alles wie bei uns und noch viele Dinge, die wir nicht kennen. Für uns, die wir schon einmal in Russland waren, eine große Überraschung.
Es hat bis jetzt nur zweimal für jeweils eine Stunde geregnet, sonst Sonne und leicht bewölkt. Die Temperatur ist zur Zeit wie bei uns, um 23°C am Tag. Ich habe den Eindruck, dass unser Russisch besser geworden ist,. Besonders glücklich bin ich, dass Rimma für uns die Buchung des Hotels in Irkutsk erledigt hat. Eigentlich dürfte nun mit der Fahrt bis dorthin nichts mehr schief gehen.

Mo, 10.09.12:
Heute machten wir einen erholsamen Marsch über die "Tatischewa-Insel", die völlig naturbelassen ist. Prima! Dann waren wir das zweite Mal in der Stolowaja "Kinder des Krieges" - wir kommen richtig gut zurecht. Zum Wetter gibt es nur eines zu sagen: Sonne, Sonne, Sonne und keine Wolke. Es ist über 20°C und in der Sonne schon etwas zu warm. Der Herbst lässt trotzdem grüßen, denn viele Bäume bekommen farbiges Laub. Rimma ist heute abend wieder zurückgefahren.


Di, 11.09.12:
Sonne, Sonne und nochmals Sonne, dass die Augen schmerzen - bei etwa 20°C! Wir sind mit dem Bus zum Wasserkraftwerk am Jenissej, ca. 45 Kilometer von Krasnojarsk entfernt, gefahren. Danach sind wir 8 Kilometer zu Fuß vom Kraftwerk über eine Jenissej-Brücke zurück nach Diwnogorsk marschiert. Dieser Fußmarsch ging entlang der "Transsibirischen Autobahn", an der ein Wegweiser stand: bis Irkutsk 1101 Kilometer.

Mi, 12.09.12:
Vom Opernhaus ging es auf einen einstündigen Fußmarsch zur "Paraskjewa Pjatniza", wo die Kosaken 1628 mit der Besitzergreifung des Krasnojarsker Gebietes begannen. Heute ist der Patriarch der Russischen Kirche in der Stadt. Er eröffnet die Kirche, die wir am Samstag besichtigt haben, und soll um 18.00 Uhr auch hierher kommen. Wir wollten natürlich nicht so lange warten, denn schließlich waren wir schon um 11.30 Uhr dort. Um Punkt 12.00 Uhr gibt es hier einen Kanonenschuss vom Berg, nach dem die Krachojarsker die Uhren stellen können. Über der Stadt stand eine Dunstwolke aus Auto- und Industrieabgasen, so dass der Jenissej kaum zu erkennen war.
Auf der Rücktour sind wir durch eine Straße gelaufen, in der tolle Häuser, fast Villen, neben zerfallenen Hütten stehen. Immer hatte ich den Eindruck, dass das eine oder andere Haus nicht vollendet wurde. Das Umfeld sah immer etwas lieblos aus.
Mittagessen gab es im "Ratuscha", einem "Ratskeller" mit so so etwas wie tschechischer Küche. Die Musik war endlich mal angenehm, nicht so, dass einem die Ohren abfallen, und um 14.00 Uhr nur wenige Gäste. Das Essen war ausgezeichnet - Lob auf der ganzen Linie. Um 16.00 Uhr haben wir in der belgischen Backstube Kaffee und Kuchen fast wie zuhause in Deutschland gegessen. Nur die Hitze im Gastraum war unmenschlich.




Do, 13.09.12:
Wieder gibt es so starke Sonne, dass mir die Augen schmerzten - bei einer Temperatur von etwa 23°C. Ich möchte einmal wissen, warum Sibirien auch heute noch so einen Schrecken in der Welt verbreitet. Am Wetter allein kann es ja wohl nicht liegen, auch nicht am Winterwetter. Es muss wohl an der Schreckensherrschaft der Zaren und Stalins liegen.
Wir sind unbeabsichtigt im Nationalpark "Stolby" gelandet. Wir wollten eigentlich in ein Dorf mit dem Zug fahren, haben es aber aufgegeben, weil der Zug erst nach 12.00 Uhr fuhr - zu spät! Die Blätter an den Bäumen werden bunt, die Natur bereitet sich auf den Winter vor, die "burunduki" stehen am Wegesrand und betteln um Futter.


Fr, 14. 09.12:
Herrenlose Straßenhunde gibt es überall in Russland. In Deutschland wird man von den Hunden angekläfft, hier nicht. Durch Zwang und unendliche "Hundevorschriften" sind die Hunde in Deutschland wohl genervt, also nervenkrank. Russische Hunde sind frei, kennen keine Vorschriften und sind darum glücklich, wenn oft auch sehr zerzaust.
Wir sollten heute einen Schlauch für Gerts defekte Dusche kaufen, haben aber nach drei Stunden immer noch keinen bekommen, waren immer im "falschen" Laden. Wir sind kreuz und quer durch die Stadt gelaufen und mit dem Bus gefahren. So haben uns heute die Autoabgase und der Stadtstaub fasst "umgebracht". Das ist negativ an der Stadt.
Jetzt, um 20.00 Uhr, ist der neue Schlauch angeschlossen.