Samstag, 24. März 2012

Весенние опасности: грязь и слякоть

Hier möchte ich eine Ente sein
Es ist warm in Krasnojarsk, sehr warm! Heute zeigte mein Termometer schon 11°C im Schatten an und ich stehe auf dem Balkon in kurzen Hosen. Damit ist das Tauwetter so richtig losgebrochen und hat etwas Gefährliches mit sich gebracht, an dessen Existenz ich angesichts der dauerhaft scheinenden Sonne nicht mehr geglaubt habe. Viele Gehwege sind kaum noch mit normalem Schuhwerk passierbar - sie haben sich in endlose Schlammfelder verwandelt.
Heute wollte ich nach der Schule - wir haben noch einmal vor dem Ernstfall am Montag eine Probeprüfung geschrieben - zu meiner Lieblingsstolowaja ins Торговый Центр gehen und nahm dabei, ziemlich gedankenlos, den kürzesten Weg zwischen den Stalinkas hinter der Schule.
Was ich nicht erwartet hatte, war, dass mein Weg dadurch erheblich länger wurde und ich auch erheblich länger unterwegs war.
Das sind nicht die Pripjetsümpfe, sondern ein Gehweg


An mehreren sehr schattigen Stellen war der Tauprozess noch nicht sehr weit fortgeschritten, so dass sich auf dem zu Eis festgetretenen Schnee eine Wasserlache gebildet hatte, wodurch jeder Schritt mit einer Rutschpartie einherging. An anderen Stellen muss man durch knöcheltiefen Schneematsch waten, um nicht direkt in die großen Tümpel des Schmelzwassers zu geraten. Dann wieder gibt es keine vernünftige Ausweichmöglichkeit, so dass der arme Wanderer in einem den Beobachter sicher sehr belustigenden Gang auf Zehenspitzen durch die Wasserlachen stapft, dabei immer besorgt um den jämmerlichen Zustand seiner trotz alledem bereits nassen Hosen. Besonders spannend wird es dann an den Stellen, die nicht asphaltiert sind. Hier habe ich die Wahl zwischen Pest und Cholera, zwischen Schlamm mit einem höheren Wasseranteil, Schlamm mit einem
Für Kinder ein Spielparadies, für Mütter ein Alptraum
höheren Anteil an Erde und Schlamm mit einer gesunden Mischung aus beidem. Was wählt man da? Nach einigen Abenteuern vergeht einem dann auch die große Vorsicht und es geht schon ein wenig schneller voran. Dennoch bleibt die Vorsicht die Mutter der Schlammschlacht. Es wäre nämlich höchst gefährlich, einfach gedankenlos einherzumarschieren, könnte der nächste Schritt dich doch aufs Glatteis führen. So gehen die meisten Menschen zur Zeit ein wenig langsamer durch die Straßen und achten dabei deutlich weniger auf das, was rechts und links passiert. Man muss eigentlich immer auf die nächsten Schritte achten und kann auch immer nur etwa fünf Meter voraus planen. Ein guter
Frei nach Shakespeare: Recht oder Links - das ist hier die Frage
Wegeplan ist derzeit eine saubere Hose wert. Die Klügeren unter den Stadtbewohnern haben sich zudem mit guten Gummistiefeln bewaffnet, was zu kuriosen Beobachtungen führen kann. An einer besonders unpassierbaren Stelle kam mir heute ein Mann im edlen Zwirn entgegen und schritt dabei auch sehr bestimmt einher. Seine Anzughosen hatte er in wunderbare Gummistiefel gesteckt, wie man sie sonst nur beim Bauern im Schweinestall findet. Und ich musste dem Mann meinen Respekt zollen, während ich in Zeitlupentempo über die schlammige Wiese schlitterte. Zwei junge Damen waren allerdings noch weniger gut ausgerüstet als ich. Sie hatten sich, der hiesigen Mode folgend, Stilettos mit etwa zehn Zentimeter hohen Pfennigabsätzen über die zarten Füßlein gestreift und versanken in dem Modder. Nur der obere Rand der Stiefel ließ erahnen, wie gut diese Stiefel heute morgen auf Hochglanz geputzt waren. Die Spitzen der Stiefelchen erinnerten eher an das Feldgrau der alten deutschen Uniformen.
Dieses traurige Bild bedarf keiner Erläuterung
Ein ganz anderes Problem ergibt sich aus dem fünf Monate lang unter dem Schnee verfaulenden Dreck. Da sind ja nicht nur achtlos weggeworfene Kippen, Zigarettenschachteln und Plastikflaschen (ein Pfandsystem gibt es leider nicht), sondern zu allem Überfluss auch die vielen tausend kleinen Häufchen. Eine Kollegin hatte vor zwei Wochen mal zu mir gesagt: "Jetzt wirst du sehen, wie elendig viele Hunde es in Krasnojarsk gibt." Ich habe damals noch über diese Bemerkung gelächelt. Doch mittlerweile ist mir dieses Lächeln eingefroren, denn wenn man erfolgreich die größten Schlammlöcher umschifft hat, steht man garantiert in irgendeinem mehrere Monate alten Hundehaufen.

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