Heute ist der 01. März und ich habe gerade im Internetradio den Moderator gehört: "Sie haben's sicher auch schon bemerkt; es ist Frühling!" Frühling? Wir haben, zumindest vormittags, etwa -15°C und reichlich Schnee, der außerhalb der Stadt auch noch sehr schön weiß ist. Und was macht man an einem herrlich frostigen Wintersonnentag? Die 11. Klasse jedenfalls machte sich auf den Weg nach Betluschanka zum Skilaufen, und ich schloss mich der Truppe an, wie ich's am Samstag versprochen hatte.
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Wer hier nicht lächelt, schläft! |
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Meine Ausrüstung bei einer Pause |
Ich wusste ja schon immer, dass die Russen ein arbeitsames Völkchen sind, aber dass sie in wenigen Tagen alle Berge in Betluschanka abzutragen schaffen würden, hätte ich mir nie vorstellen können. Als ich heute die mir bereits bekannte Loipe entlanglief, waren jedenfalls all die hohen Berge und tiefen Täler dort verschwunden. Überhaupt war alles anders heute: Ich hatte keine kalten Füße, weil ich mir die guten Wollsocken angezogen hatte, die Skier waren diesmal aus Holz und nicht extra gewachst und ich wusste schon, wie die Sache abläuft.
In Betluschanka angekommen, konnte ich also recht zügig mir die Holzbretter an die Füße schnallen und musste dann aber erst einmal warten, bis alle anderen Läufer an mir vorbeiglitten, wie die jungen Götter. Erst danach machte ich mich auf den Weg und dackelte in meinem Altherrentempo hinterher. Die Meute verschwand auch sehr bald hinter den Bäumen und Hügeln und ich konnte die Stille der frostigen Natur genießen. Dabei machte ich einige Entdeckungen zur Technik des Skifahrens und bemerkte, dass es doch eine ganz passable Art der Fortbewegung sein kann. (Liebe Bayern, ich nehme Einiges von dem am Samstag gesagten zurück.) Die zuvor noch hohen Berge waren heute zu kleinen Hügeln und Bodenwellen geschrumpft, die ich mit einiger - gefühlter - Grazie überwandt, ohne mich dabei, wie schon gesagt, hinzusetzen. Auch den "Berg", den ich beim letzten Mal nur
fast geschafft hatte, bezwang ich heute ohne Probleme. (Es gibt also doch Ski ohne eingebauten Rückwärtsgang!)
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Белая Берёза; die Weiße Birke könnte man wohl als den russischsten aller Bäume bezeichnen |
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Winterdienst auf russisch! |
Den schönsten Eindruck lieferte mir, wieder einmal, der Frost. Ich hatte ja schon einmal bei einer Wanderung durch Stolby bemerkt, wie der gefrierende Atem sich in kleinen kunstvollen Eisblumen auf den Haaren des Waschbärenpelzes an meiner Kapuze niederschlägt. Um wieviel schöner ist das, wenn der leichte Wind, verstärkt durch den Fahrtwind, diesen Effekt potenziert? Die gesamte obere Frontpartie meiner Winterjacke war weiß! Als die Schüler dann gegen Mittag wieder zum Bus zurückkamen, beobachtete ich diesen Effekt in einmaliger Schönheit bei den langhaarigen Mädchen. Da war aus einem rothaarigen Mägdelein innerhalb von nur eineinhalb Stunden eine weißhaarige "Greisin" geworden. Daschas kunstvoll geflochtener Zopf war mit einer dicken weißen Schicht bedeckt und die schwarzen Haare von Ksenia verbanden sich mit dem Weiß zu einem perfekten Grau.
Ja, hier in Sibirien ist auch der März ein Wintermonat - und dieser Winter hat deutlich mehr schöne Seiten, als schreckliche. Und mit dieser Gewißheit werde ich heute sicher gut schlafen, denn Skilaufen ist auch anstrengend.
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