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Diese russische Schönheit ist Natascha |
Was schon wieder Kultur? Schon wieder Theater und Tanzen, wo ich doch gerade erst den "Figaro" von Mozart gesehen habe? Ja, ich hatte gestern das Glück, durch reinen Zufall an eine Karte für modernes Tanztheater im Großen Konzertsaal zu kommen!
Gestern morgen kam Galina zu mir und fragte mich, ob ich nicht von ihr zwei Karten für ein modernes Ballett von einem gewissen Terjoschkin haben möchte. Nach einigem Hin und Her war ich dann glücklich, abends um 18:00 Uhr mit unserer netten Schulpsychologin gemeinsam zum Großen Konzertsaal zu fahren, um mir ein sehr modernes "Ballett" anzusehen. Nun ist das so eine Sache mit Natascha, denn sie spricht kein Deutsch und versteht auch nur sehr wenig. Also lief angesichts meiner Sprachdefizite im Russischen unser Gespräch im Bus auch eher holperig und relativ einseitig bzw. ungelenk. Dennoch haben wir uns an diesem Abend noch richtig gut unterhalten und ein tolles Tanztheaterstück genießen dürfen, zu dem mir Natascha auch einige wichtige Informationen gab.
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Tanz der höllischen Mächte |
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Wer ist nun jener W. Terjoschkin, von dem ich noch nie etwas gehört hatte, der hier aber von vielen verehrt, von anderen aber geschmäht und sogar gehasst wird? Ich hatte ja keine Ahnung, was auf mich zukommen würde, bis dann der Vorhang aufging und eine höchst avantgardistische Musik den großen Saal durchdrang und mich für volle zwei Stunden fasziniert auf meinem Platz fesselte. Bereits in den ersten Minuten ging mir der Name der 2009 verstorbenen
Pina Bausch durch den Kopf - nur das hier war live und von einem lebenden Künstler!
Der Inhalt des Stückes ist schnell erzählt, oder kann gar nicht erzählt werden, denn jeder Zuschauer muss das mit sich selbst ausmachen. Ich sah einen Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen Himmel und Hölle, zwischen Weiß und Schwarz. So waren denn auch die Kostüme der Tänzerinnen und Tänzer entweder in Schwarz oder Weiß gehalten. Erst im späteren Verlauf kam auch das dunkle Rot des Blutes hinzu. Ganz in Weiß traten auch nur ein Liebespaar und einige wenige Engel mit ihrem Heiland auf. Die meisten Tänzer waren der Hölle entstiegen und versuchten, ihr düsteres Treiben durchzusetzen und die Welt in den Wahn zu treiben. Einige der Kostüme der Tänzerinnen waren dabei auch sehr gewagt geschnitten und verdeutlichten so die Dekadenz des Lebens, während der Teufel höchstpersönlich elegant im Smoking auftrat und auch viele seiner Schergen eher dezent wirkten. Demgegenüber traten die Vertreter der himmlischen Mächte eher bescheiden in langen weißen Kostümen auf und versuchten stets, sich gegen die erdrückende Übermacht der finsteren Mächte durchzusetzen. Diese
ganze Szenerie wurde begleitet von einer Musik, die mir wirklich durch Mark und Bein ging. Da waren zum Einen die ruhigen, sanften Klänge zum himmlischen Tanz und als Gegensatz dazu eine durchdringende, fast höllische Musik für den Auftritt der teuflischen Mächte. Gerade diese dröhnenenden Klänge, die auf jedem Gothic-Festival mit großer Begeisterung aufgenommen würden, beeindruckten mich.
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Der Heiland wird von finsteren Kräften bedrängt |
Die tänzerische Darbietung zeugte in allen Teilen von einer außerordentlichen Körperbeherrschung der Tänzer und war derart ausdrucksstark, dass man förmlich in diesen Strudel aus Gewalt und Wahn, aus oft hilfloser Gutmütigkeit und wieder aus dumpfer Dekadenz hineingezogen wurde. Wer allerdings diesen Kampf Gut gegen Böse gewinnen würde, ist mir nicht offenbar geworden, denn fast als Teil dieser fantastischen Darbietung präsentierten sich zum Abschluss alle Tänzer und Mitwirkende auf den Bühne, während die Musik weiter spielte. Bei diesem Abschluss zeigte sich denn auch W. Terjoschkin höchstpersönlich und stellte alle Mitwirkenden mit Namen vor. Davon bleibt mir besonders das Bild des Regisseurs im Kopf, denn dieser stellte für mich den Inbegriff des Künstlers dar mit seinem zu ein Rad verdrehten Zopf am gut gegelten Kopf.
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Blumen gab es für die Tänzerinnen am Ende zuhauf |
Ich hätte vor dem gestrigen Abend ja nie geglaubt, dass mich derart modernes Tanztheater derart begeistern könnte, aber heute habe ich schon zwei Karten für den nächsten Auftritt Terjoschkins im März bestellt. Ich hoffe, Natascha wird mich dann wieder begleiten und wir können dann
auch etwas eingehender über das Stück sprechen, wenn ich bis dahin mein Russisch weiter verbessert habe. Die Hoffnung stirbt zuletzt!
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