Was macht man abends oder nachts in einer fremden Stadt, in der man sich nicht auskennt? Fernsehen entfällt, da (noch) diie Sprachprobleme übermächtig sind.
Ich habe in den letzten Tagen viel lesen können oder mich am Computer beschäftigt. Da wurden Deutsche Kurzgeschichten, Parabeln und Zeitungsartikel über gesellschaftliche Probleme gelesen - alles als Vorbereitung zum Unterricht. Am Computer kostete die Beantwortung von e-mails, die Erstellung dieses Blogs und eine vielfältige Internet-Recherche immer viel Zeit. So weit so gut; aber will man das jeden Tag? Nein, habe ich mir gesagt und deshalb die Schüler des DSD-Prüfungskurses zu einem "Kurstreffen" bei mir eingeladen, um sie besser kennen zu lernen.
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Meine Gäste zum Kurstreffen (v.l.n.r.): Olesja, Anjusha, Wanja, Tanjushka und Katjusha (Wowa hatte mal wieder verschlafen) |
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Keine Panik: Dieses Foto ist gestellt! (Man beachte die Jacke) |
Es sollte typisch deutsches Essen geben: Pellkartoffeln und Quark. Und schon hier fingen die Probleme an: Dass die Kartoffeln im Краснйи Яр so groß wie Zuckermelonen und so erdig wie die Gummistiefel eines Ackerbauern im Herbst waren, ist ja noch gar kein Problem. Aber wenn man hier Quark - im Russischen творог - haben will, bekommt man irgendeinen Krümmelkäse. Also mussten die Schülerchen wieder helfen, und das taten sie gewohnheistmäßig gut. Wir kauften also Saure Sahne und Joghurt, mischten das mit viel Zwiebeln und Kräutern und hatten dann einen richtig tollen Quark zu den gewaschenen und geschälten Kartoffeln. Es war richtig gut, und auch die Gäste meinten, vielleicht nur aus Höflichkeit, dass es ihnen geschmeckt habe. Dazu gab es Saft zu trinken - ja, Saft und keinen Wodka!!!
Ich möchte an dieser Stelle mal mit einem Gerücht aufräumen. Die Russen "saufen" nicht annähernd so viel, wie ihnen nachgesagt wird. Besonders die Jugendlichen hier scheinen um ein Vielfaches disziplinierter als unsere Jugend in Deutschland - Alkohol wird nicht wegen der Gesetzeslage abgelehnt, sondern einfach nicht gemocht! Auf meine Frage, ob sie einen kleinen Wodka oder ein Bier mittrinken würden, antworteten sie, der ganze Alkoholkram schmecke ihnen nicht. Das sollte mal einer beim Schützenfest sagen!
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В. И. Улянов |
Jedenfalls war der Abend bei mir dann recht nett und lustig, und ich habe noch einiges über die Kindlein erfahren. Allerdings mussten sie schon vor 22:00 Uhr gehen, um ihre Busse zu bekommen.
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Im Irish Pub sitzt man am besten direkt am Trese |
Und der Samstagabend? Ich war gestern sogar "überbucht"! Einerseits wollten wir zu einem Rockkonzert in den Zentralpark gehen, andererseits hatten wir mal eine kleine Kneipentour geplant. Ich entschied mich dann, mit Jaroslaw durch Krasnojarsk Kneipen zu ziehen. Zuallererst braucht man dafür natürlich eine kleine Stärkung, also ab ins "Kalinka-Malinka", eben jenes postsowjetische Restaurant mit dem Flair des real existierenden Sozialismus. Hier bekommt man einfach das beste Essen zu den besten Preisen, und so aß ich diesmal einen "Kasan Kebab". Man stelle sich dabei aber bitte keinen Döner oder ähnliches vor - vielmehr handelt es sich dabei um die zartesten Lammrippchen, die ich je in meinem Leben genießen durfte. Dazu gab es Orangensaft und - naja, man darf ja mal - zwei kleine Wodka. Da ich aber versprochen habe, niemals 100 Gramm zu trinken, waren diese eben auch wirklich kleine.
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Russisch speisen im Irish Pub mit einem Deutschen - Völkerverständigung |
Danach ging es in ein uriges Irish Pub mitten im Zentrum, wo ich zu richtig guter Rockmusik einen Kaffee und - naja, einer geht noch - ihr wisst schon ... Jaroslaw trank dort sogar einen самогон, wie hier der selbstgebrandte Schnaps mit ca. 70% heißt. Dort trafen wir dann auf eine kleine Gruppe von Jaroslaws Freunden und zogen dann ins nächste Lokal, wo wir zu russischer Livemusik noch etwas aßen und tranken - das war dann mein letzter! Als ich dann gegen 01:00 Uhrwieder zuhause war, hatte ich einen echt netten Abend mit den Leuten verlebt und auch einige spannende Geschichten von Jaroslaw - er war der Einzige mit Deutschkenntnissen - gehört.
Wie heißt es doch so schön? Krasnojarsker Nächte sind lang, aber dann ...
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