Samstag, 26. Mai 2012

Последний звонок

Das Schuljahr neigt sich seinem Ende entgegen. Und damit stellt sich auch ein bisschen Wehmut mit ein, denn mit der gestrigen "letzten Klingel" haben sich auch alle meine DSD-Schüler verabschiedet.
Ich hatte mich morgens in meinen edlen Anzug gezwängt. "Schön", war denn auch der Kommentar einiger Kolleginnen. "Ja", konnte ich nur erwidern, "aber auch sehr unbequem". Dergestalt gkleidet erschienen gegen 13.00 Uhr nicht nur die Lehrer, sondern auch die Eltern und Schüler der 9. KLassen zu ihrer Verabschiedung in die sich nun anschließenden Prüfungen. Nach dem Singen der russischen Nationalhymne und einer kurzen Ansprache von seiten der Direktorin schloss sich ein recht abwechslungsreiches Kulturprogramm mit Tanz- und Gesangseinlagen an. Im Abschluss bedankten sich die Schüler ganz offiziell mit ein paar netten Worten und Blumensträußen bei ihren Lehrern und stellten sich dann noch einmal für Gruppenfotos auf. Die ganze Veranstaltung war eine relativ kurze und sehr kurzweilige Show, deren große Schwester dann zwei Stunden später mit den 11. Klassen auftrat.

"Auf Wiedersehen Schule" steht über der letzten Klingel
Pünktlich um 16.00 Uhr versammelten sich alle Eltern und Freunde der Elftklässler in der Turnhalle. Dazu stießen auch die Lehrer und viele Schüler, die den Einzug der Absolventen - erkennbar an weiß-blau-roten Schärpen - mit wachen Blicken verfolgten. Und wieder sangen alle Anwesenden zu Beginn die russische Nationalhymne, was mich immer wieder sehr berührt, drückt doch diese Melodie so viel von der russischen Art aus, und der neue Text unterstützt dieses Denken.

Im Jahre 2000 wurde in der Russländischen Föderation eine neue Hymne mit der alten Melodie der Sowjethymne eingeführt, da das von Jelzin favorisierte "Patriotische Lied", das von 1991-2000 als Hymne gespielt wurde, vom Volk nicht ernst genommen wurde. Den Text der neuen Hymne dichtete Sergeij Michailkow, der schon den Text der Sowjethymne von 1944 geschrieben hatte.

Dann folgten kurze Ansprachen von der Direktorin und Vertreterinnen der Stadt- und Bezirksregierung sowie die offizielle Hymne des Gymnasiums Nr. 6 "Виват Гимназмя", bevor die Verleihung der zehn Deutschen Sprachdiplome an unsere DSD-Schüler erfolgen konnte. Es ist schon toll, wenn man verkünden kann, dass alle angetretenen Kandidaten ein gutes und oft auch sehr gutes Ergebnis erlangt hatten. Zum Schluss konnte ich sogar noch ein kleines Sahnehäubchen oben aufsetzen und offiziell bekanntgeben, dass eine Schülerin unseres Gymnasiums eines der begehrten DAAD-Vollstipendien erlangt hat und damit ihr gesamtes Studium in Deutschland finanziert bekommt.
Dann endlich übernahmen die Schüler das Zepter und boten ein interessantes Programm.
Den Anfang machten die Kleinen aus der ersten Klasse - die Mädchen wie am ersten Schultag mit riesigen Schleifchen im Haar -, die in einem Sketch und einem Gedicht an die Schulzeit erinnerten. Ein Mädchen aus der neunten Klasse tanzte spanischen Flamenco und ein eine Gruppe Elftklässler sang ein selbst gedichtetes und vertontes Lied. Der Höhepunkt war die Übergabe von kleinen Glöckchen an die Absolventen durch Schüler der zehnten Klasse, die wiederum einen symbolischen Schlüssel von den Großen überreicht bekamen, und natürlich das Ausläuten des Schuljahres. Wie am 1. September nahmen hierzu zwei große Jungs aus der Elften zwei ganz kleine Mädchen auf die Schultern, die dann mit zwei großen Glocken, eben der "Последний звонок", das Ende der Schulzeit läuteten.

Dienstag, 22. Mai 2012

Вечером в городе Новосибирск

Abends in Nobosibirsk - was kann man in Sibirien schon machen?
Es war ein netter Abend im "Safran"
Nein, Sibirien ist längst nicht mehr das Land, in dem die wilden Bären ungehindert über schlammige Wege durch kleine Städte ziehen, während sich die verängstigte Bevölkerung in ihren Holzhäusern verschanzen. Es gibt auch nicht mehr die "romantischen" Holzhäuschen mit qualmendem Ofen und ohne Strom und fließend Wasser. Zumindest die großen Städte können vollkommen mit dem europäischen Standard mithalten und bieten eine wirklich interessante Kneipenkultur für gesellige Abende - eine Kultur, die wir zu nutzen wussten.
Das fing schon am Sonntagabend an, als uns unser Natschalnik zu einem netten Abendessen in ein usbekisches Restaurant namens "Safran" einlud. So konnten wir, die OLK und die PLK, uns bei einem Gläschen Mors und bei Plow kennenlernen.

Plow - von Deutschen gekocht
Mors (russ.: морс) ist ein aus Waldbeeren hergestellter Saft, der aus dem Sud von Heidel-, Brom- und Himbeeren gewonnen wird und dann zur gewünschten Konsistenz mit Wasser verdünnt und zum Schluss gesüßt wird.
Plow (russ.: плов) ist ein ursprünglich orientalisches Reisgericht, das heute in ganz Zentralasien und auch in Russland (zumindest hier in Sibirien) weit verbreitet ist. Dabei wird der Reis mit Brühe abgekocht und dann mit allem, was die Küche hergibt - dazu gehören verschiedene Arten von Gemüse und natürlich Fleisch oder Fisch - bereichert und gedämpft. In Usbekistan ist dieses Nationalgericht sowohl Alltagsessen als auch Festessen und wird zum Beispiel bei Hochzeiten traditionell von Männern in riesigen Pfannen zubereitet. Besondere Zutaten sind oft verschiedene Nüsse und Rosinen.

Auch in den Pausen in der Küche der ZfA kam man sich näher
Genau solch einen usbekischen Plow, ganz fantastisch mit Erdnüssen und Rosinen zubereitet, durften wir im "Safran" genießen und waren sehr zufrieden damit - alle bis auf Alex! Dieser Kollege, der zur Zeit in Tomsk unterrichtet, war nämlich mehrere Jahre in Usbekistan und bekam dort "morgens, mittags und abends" Plow serviert.

Wo wir gerade beim Essen sind, möchte ich einen kleinen Ausflug zum Frühstück machen, denn ich hatte in Nowo endlich mal die Gelegenheit ein traditionelles russisches Frühstück zu genießen. Die Russen essen nämlich zum Frühstück kein Brot oder Toast sondern eine richtig gehaltvolle Kascha.

Das ist"пшёная каша" mit Erdbeeren - lecker!!!
Die russische "каша" wird aus geschrotetem Korn gemacht, das in Wasser über Nacht ziehen kann, so dass das Getreide aufquillt. Dann wird das restliche Wasser verkocht und Milch dazu gegeben, wodurch ein richtig dicker, gehaltvoller Brei entsteht, der nach russischer Art kräftig gesüßt wird. Die wohl bekannteste "каша" aber ist die "гречка" - eine Buchweizengrütze, die als Sättigungsbeilage zum Mittag gegessen wird.


So wie an diesem ersten Abend, hatten wir auch in den folgenden Tagen immer wieder kulinarische Höhepunkte, als wir zum Beispiel am Montag uns bei der deutschen Kollegin aus Nowosibirsk zur Wohnungseinweihung trafen und dort zu Wein und Wodka vorzüglich speisten und uns trefflich unterhielten.
Speisen im Hauptquartier
Für mich persönlich war der Mittwochabend ein ganz besonders schöner Moment. Wir waren zu sechst in ein Restaurant namens "Blindasch" gegangen und erlebten in einem wunderbar eingerichteten Nebenraum einen tollen Abend. Dabei muss man erwähnen, dass "Блиндаж" auf Deutsch soviel bedeutet, wie militärischer Unterstand. Dementsprechend war auch das Lokal in einem Keller mit vielen Erinnerungen an den "Großen Vaterländischen Krieg" ausgestattet, und unser Nebenraum war so eine Art Hauptquartier. Zu vorgerückter Stunde, mit ein wenig Wodka im Kopf, kam dann auch die berühmte russische Seele zum Vorschein und die Damen sangen wunderschöne russische Volkslieder, die mich tief berührten.
Wer einmal in seinem Leben diese melancholischen Lieder live gehört hat, wird sicher verstehen, warum das ein ganz besonderer Moment war - in den endlosen Weiten Sibiriens!

Montag, 21. Mai 2012

Семинар в Новосибирске

Konzentrierte Arbeit ...
... in kleinen Gruppen ...
... oder im Plenum ...
Wie bereits gesagt, waren am 13. Mai Lehrer von fast allen DSD-Schulen in Nowosibirsk bei ihrem zuständigen Fachberater zusammengekommen, um sich mit den Vorbereitungen auf die Prüfungen zu beschäftigen. Das wäre in einer Region wie Mallorca oder Tschechien kaum der Rede wert, auch wenn es dort weit mehr DSD-Schulen geben mag. Hier ist die unendliche Weite des Raumes allein eine Nachricht wert - so wäre es sicher interessant, mal auszurechnen, wie viele Kilometer alle Kollegen insgesamt auf der Hin- und Rückreise zurückgelegt haben. Den kürzesten Weg hatten die Kolleginnen aus Nowosibirsk; dann kommen im westsibirischen Gebiet Tomsk, Kemrowo und Omsk. Aus Ostsibirien angereist sind Kolleginnen aus Krasnojarsk, Ulan Ude, Tschita, und den längsten Weg hatte dann die Kollegin aus Jakutsk, die allein etwa 10.000 Kilometer für Hin- und Rückflug zurücklegen musste.
... machte den Damen viel Spaß.
So trafen sich also am Montagmorgen knapp 20 Ortslehrkräfte (OLK) und 5 Programmlehrkräfte (PLK) zum OLK-PLK-Seminar im Büro der ZfA und besprachen viele mit dem DSD zusammenhängende Fragen. Das Seminar ist allerdings eher als Schulung, in der die deutschen Lehrer (PLK) den russischen Kolleginnen (OLK) einige methodische Kniffe aus der deutschen Trickkiste nahebringen sollen, denn als Konferenz angelegt.
Das ist kein Gebet, sondern ein Sprachspiel
So sahen die Ergebnisse unserer Arbeit aus.
Damit hatten wir also genug zu tun, in kurzen Vorträgen, mit kleinen Übungen und Diskussionen die gesamte Bandbreite des DSD abzudecken, so dass wir gleich nach der Begrüßung durch den deutschen Generalkonsul und einer kurzen Vorstellungsrunde ganz tief in das DSD I einstiegen. Der Omsker Kollege hatte zur Schulung von "Aufgabenformaten und Übungen" einen ganzen Sack voll spannender Spiele mitgebracht und machte damit uns anderen die Motivation der OLK recht einfach. Am Dienstag und Mittwoch ging es dann, etwas trockener, um die vier Bausteine der DSD-Prüfungen: Hörverstehen, Leseverstehen, Schriftliche Kommunikation und Mündliche Kommunikation. Im Anschluss daran gab es dann am Donnerstag noch einen Vortrag mit kleinen Übungen zu den Facharbeiten und Präsentationen, die alle Schüler für die mündliche Prüfung erstellen müssen.
(Fast) die ganze Gruppe versammelt
Aber was soll ich hier lang über die Inhalte einer Tätigkeit berichten, die nur eine ganz kleine Gruppe von Menschen, nämlich die PLK und die deutschsprachigen OLK, betreffen? Ganz besonders wichtig ist doch auch hier, wie in jeder Fortbildung für deutsche Lehrer, der Erfahrungsaustausch zwischen den Teilnehmern. Wichtig ist vor allem, dass man sich menschlich näher kommt und damit andere Perspektiven kennen lernt. Und genau das war an den Abenden unser Bestreben.




Sonntag, 20. Mai 2012

Путешествие на поезде до Новосибирск

Über dem Nowosibirsker Bahnhof geht gerade die Sonne unter
"Oh, wie langweilig!"
Wieder einmal, wie im Oktober, trafen sich die deutschen Lehrkräfte Sibiriens in der Hauptstadt des riesigen Gebietes, um gemeinsam mit den Ortslehrkräften neue Ideen zu entwickeln und Erfahrungen auszutauschen. Für mich war es eine gute Gelegenheit, Nowosibirsk besser kennen zu lernen und vor allem viel Neues für meine Arbeit zu lernen. 
Spät abends ging es also am Vortag mit dem Zug los in Richtung Westen. Die etwa elfstündige Fahrt über die für sibirische Verhältnisse kurze Distanz von 1.000 Kilometer in einem Schlafwagen der Transsibirischen Eisenbahn ist eines der größten Abenteuer, die man hier erleben kann. Besonders spannend ist sie mit einer "Плацкарт" im Großraumwagon, zusammen mit etwa 50 anderen Menschen. Da treffen dann schon mal, wie auf dieser Tour, eine Gruppe eishockeyspielender Kinder mit ihren Begleitern auf einen Zug russischer Soldaten mit komplettem Feldgepäck oder eben ein deutscher Lehrer auf ein Mütterchen, die mit ihrer fließend englisch sprechenden Tochter zum Arzt fährt.
Der Zug ist noch leer, alles liegt für die Nacht bereit
Aus Bequemlichkeit hatte ich dieses Mal für beide Fahrten - Hin und Zurück - einen Platz in einem "фирменый" Zug gebucht, was bei der Transsib bedeutet, dass die modernsten und saubersten Züge auf den wichtigeren und kürzeren Strecken eingesetzt werden. Damit betritt man dann einen "frischen" Zug, in dem nicht wie zum Beispiel auf der Fahrt von Moskau nach Wladiwostok Menschen auf relativ engem Raum seit Tagen zusammen unterwegs sind. Auch die Ausstattung der Züge ist deutlich moderner als auf vielen Langstreckenverbindungen. Ein Problem bleibt allerdings immer bestehen: die Schnarcher! Und genau in dieser Sache habe ich doch wieder einmal viel erlebt, denn obwohl sonst ausgesprochen ruhig, lag auf der Hinfahrt die einzige Dauerschnarcherin auch direkt neben mir. Trotzdem werden mir diese zwei Fahrten im Gedächtnis bleiben, denn ich hatte auf der Hintour die Gelegenheit zu einem ausgedehnten Gespräch, da eine junge Dame mit gutem Englisch übersetzen konnte.
Blick aus dem Fenster auf endlose Birkenwälder
Da ist noch etwas in einem russischen Schlafwagen, das hier unbedingt erwähnt werden soll. Die Fahrgäste können sich beim Schaffner, der immer für jeweils einen Wagon verantwortlich ist, kleinere Snacks und auch Fertiggerichte holen, die sie natürlich zu bezahlen haben. Kostenlos aber gibt es heißes Wasser für Tee in einem großen Samowar, so dass jederzeit Tee getrunken werden kann, wozu die meisten Russen kleine Süßigkeiten genießen.

Auch das ist ein Samowar.
Der "Самовар" ist das vielleicht russischste aller Kochgeräte, in dem ursprünglich über einem Kohle- oder Petroleumfeuer (moderne Samoware funktionieren allerdings mit Elektrizität) Wasser oder ein Teekonzentrat aus vielen Teeblättern mit relativ wenig Wasser erhitzt wird. Schon seit einigen Jahrhunderten ist dieser Wasserkocher nicht aus russischen Haushalten und auch aus den Großküchen wegzudenken, obwohl sich die Zubereitungsarten für Tee heute auf ein ungemein breiteres Spektrum an Möglichkeiten stützen. So hatten die russischen Truppen auf ihrem ohnehin mörderischen Feldzug in den Kaukasus 1839 auch noch riesige Samoware im Tross zu schleppen, denn ohne Tee hätten die Truppen mit Sicherheit gemeutert

Pionierdenkmal im Bahnhof


Die Rückfahrt in der letzten Nacht verlief dann aber umso ruhiger, denn im ganzen Wagon befand sich nicht ein einziger Schnarcher. So bin ich denn heute gut ausgeruht vom Seminar in Nowosibirsk zuhause in Krasnojarsk angekommen.
Wie würde man in England sagen? "Home, sweet home!"

Mittwoch, 9. Mai 2012

9 Мая - С Днём Победы!

Irgendwie kommen wir gar nicht mehr aus dem Feiern heraus: Am 1. Mai gab es den Tag der Arbeit, am 5. Mai feierten die Anhänger dieser Lehre den 96. Geburtstag Karl Marx', am 7. Mai feierten dessen Anhänger die Inauguration Putins zum neuen Präsidenten (übrigens eine beeindruckende Zeremonie, wie man unter http://www.youtube.com/watch?v=zHrmaFPnhoM sehen kann) und heute, am 9. Mai, sind alle Russen sich einig in der Feier des "Tages des Sieges". Warum aber feiert man den "Tag des Sieges" in Russland erst einen Tag später als bei uns in Deutschland? 

Als in den Abendstunden des 8. Mai 1945 die Generäle Keitel und Jodl in Berlin/Karlshorst in Anwesenheit von Marschall Schukow die Kapitulationsurkunde der deutschen Wehrmacht unterschrieben, ging die Uhr dort auf Miiternacht zu, was durch die Zeitverschiebung in Moskau bereits lange nach 00.00 Uhr bedeutete. Deshalb wurde in der UdSSR immer der 9. Mai gefeiert. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion war dieser Feiertag fast in Vergessenheit geraten, jedoch erkannte man bald, dass dieser wichtige Feiertag von besonderer Bedeutung für das Zusammengehörigkeitsgefühl aller russischen Nationen ist, und so wurde und wird seit 2005 der 9. Mai wieder als der wohl höchste russische Feiertag zelebriert. Dabei hat man das Meer an roten Fahnen heute durch das Sankt-Georgs-Band in den Farben Schwarz und Orange, welche Schießpulver und Feuer symbolisieren, abgelöst.
Die Parade in historischen Uniformen und auf historischen Fahrzeugen


So bin ich heute also früh aufgestanden und steckte mir mein zur Schleife gebundenes Sankt-Georgs-Band auf die linke Seite meiner Jacke, um rechtzeitig zur Parade auf dem "Площадь Революций" zu sein. Dort angekommen, musste ich erst einmal wie alle anderen die Sicherheitsschleuse passieren und hatte dann noch etwas Zeit, mir die ausgestellte Militärtechnik anzusehen, die allerdings fast ausschließlich historische Fahrzeuge umfasste. Hier versorgten Soldaten die Bevölkerung auch mit Buchweizengrütze aus der Feldküche, wie 1945 die Menschen in Berlin und vielen anderen Städten des Ostens aus der Feldküche versorgt wurden.


Soldaten mit der Kalaschnikow im Gleichschritt
Nach den in diesem Jahr neu eingeführten Richtlinien gibt es Militärparaden mit aktueller Technik nur noch in den Städten, in denen auch wirklich gekämpft wurde, so dass man in Moskau und St. Petersburg sowohl den T90 als auch die Topol-M sehen kann, während hier in Sibirien die Soldaten "trocken" marschieren müssen. Dabei hatten doch gerade die frischen sibirischen Divisionen Ende 1941 vor Moskau und Ende 1942 bei Stalingrad die große Wende des Krieges eingeleitet. Diese im Winterkrieg ausgebildeten, gut ausgerüsteten und an den russischen Winter gewöhnten Soldaten waren den abgekämpften deutschen Truppen zusammen mit den damals neuen T34-Panzern der größte Schrecken.

Auch die Jungend hielt Ehrenwache

Ein T34/85 als Denkmal
In Krasnojarsk begann die Parade mit einigen historischen Liedern, die vom Band mit großen Propaganda-LKW übertragen wurden. Auf der Karl-Marx-Straße waren einige hundert Mann der unterschiedlichen Waffengattungen angetreten und hatten wie die tausende Zuschauer zuerst einmal den Reden der Politgrößen - darunter auch der Gouverneur des Krasnojarskij Kraj - zuzuhören, in denen selbstredend mehrfach den "Veteranen des Großen Krieges zum Tag des Sieges" gedankt und gratuliert wurde. Danach wurde die Parade abgenommen, indem ein General in voller Paradeuniform die Reihen abschritt und die Soldaten ihm ihr durchdringendes "Урааа!" entgegenschmetterten. Danach fuhren die höchstdekorierten Veteranen des Krasnojarskij Kraj mit historischen Fahrzeugen und begleitet von Staffagen in historischen Uniformen vor. Natürlich darf bei solch einem besonderen Anlass auch die Kultur nicht zu kurz kommen, weshalb man eine recht große Tanzgruppe in Uniformen und sonstiger Kleidung aus der Zeit des "Großen Vaterländischen Krieges" steckte und diese dann vor der Haupttribüne eine tolle Allegorie auf das Leid des Krieges und die Freude des Sieges tanzten. Ich hatte natürlich keinen Platz auf der Tribüne, konnte aber den größten Teil des Spektakels auf einer riesigen Leinwand verfolgen. Mir legte sich sehr schnell der Eindruck auf, dass hier wieder einmal eine Terjoschkin-Truppe ihre tollen Leistungen zeigt, was auch durch die zum Teil modernere, oft düstere Musik verstärkt wurde. Im weiteren Verlauf der Parade spielte das anwesende Militärorchester zum Ausmarsch der Soldaten Militärmärsche, woran sich dann wieder historische Lieder aus den Lautsprechern anschlossen.
Die "Matroschkas", tanzend und singend vor meinem Haus
Hatte ich zuvor noch geglaubt, dass sich der Parade ein großes Volksfest anschließen würde, so wurde ich alsbald enttäuscht, denn die Menschenmenge verstreute sich schon bald in alle Richtungen. Ich beschloss also nach einen späten zweiten Frühstück, nach Hause zurückzufahren - wusste ich doch, dass auch direkt vor meinem Haus auf der Wawilowa-Straße eine Tribüne aufgebaut war. Und hier wurde ich auch nicht enttäuscht, denn das Fest war bei uns im Kirowski-Rayon noch in vollem Gang. Auf der Straße fuhr kein einziges Auto (welch befreiendes Gefühl angesichts des sonst ununterbrochen dahinbrausenden Verkehrs) und auf den Wiesen gegenüber saßen die Menschen und feierten ausgelassen. Auf der Bühne sang gerade ein Quartett Matroschkas russische Volkslieder, zu denen einige Menschen auf der Straße tanzten. Das war dann auch für mich der schönste Moment, weshalb ich mich mit einem tollen Gefühl nach diesem auditiven Höhepunkt in meine Wohnung begab.
Der gesamte Prospekt war mit den Faben des Heiligen Georg geschmückt.
Уважаеиые ветераны, я поздравляю вам с днём победы!

Sonntag, 6. Mai 2012

Воскресенье - сегодня рабочий день

Ja, lieber Leser, der du des Russischen mindestens ebenso rudimentär mächtig bist wie ich, du hast richtig gelesen: Am heutigen Sonntag haben wir in der Schule gearbeitet und die meisten Schüler waren auch da!
Die Mädels aus der 11. Klasse lernen für die Abschlussprüfung
Auch Fabeln können spannend und lustig sein
Ich bin heute morgen kurz nach 9.00 Uhr in die Schule gedackelt, um mich auf den Unterricht vorzubereiten, wie an jedem anderen Arbeitstag auch. Zuerst durfte ich in der dritten Stunde für die 11. Klasse einige kleine Texte zur Vorbereitung auf die ЕГЭ-Prüfung (entspricht ungefähr unserem Abitur) vorlesen. Da die Kollegin zwar die Texte in Druckform vorzuliegen hat, aber keine Kasetten mit dem aufgesprochenen Text, müssen diese vorgelesen werden. Selbstverständlich ist es dabei besser, die Texte von einem Muttersprachler zu lesen, was ich dann auch gern tat und wohl noch mehrfach tun werde.
Mittagessen in der Stolowaja
In der vierten Stunde hatte ich dann Unterricht in der 9. Klasse, in dem wir eine spannende Fabel von Gotthold Ephraim Lessing besprachen. Nun ist die Sprache Lessings aus dem 18. Jahrhundert nicht gerade etwas, das die Schüler hier im normalen Unterricht lernen, so dass man schon des öfteren mit einzelnen Begriffen oder ganzen Redewendungen einhelfen muss. Die sich dann aber zumeist bei den Schülern einstellende Erkenntnis des Inhaltes entschädigt jedoch für all die Mühsal der Stunde.
Nach dem Unterricht: Schuhe wechseln.
In der sechsten und siebenten Stunde durfte ich dann mit den anwesenden Mädchen der Klasse 8a einen Brief zum Thema Feiertage in Deutschland besprechen. Die Schülerinnen lernten einiges über traditionelle Rituale und moderne Gewohnheiten an Silvester und verglichen diese mit den Feierlichkeiten hier in Russland. Wir stellten dabei fest, dass die Unterschiede zwar bemerkbar sind, aber doch nicht so gravierend, dass man einen Kulturschock erleiden könnte. Größere Unterschiede, das stellten wir dann im weiteren Unterrichtsverlauf fest, gibt es in Bezug auf das Weihnachtsfest, das hier ja bekanntlich erst vierzehn Tage später gefeiert wird.
Die Mädels der 8. Klasse wussten noch nicht, was wir im Unterricht tun würden.
So, und jetzt, lieber Leser, fragst du dich wahrscheinlich, warum ich all das erzähle. Warum gehen wir an einem Sonntag in die Schule? Nun, uns steht der höchste Feiertag in Russland bevor: Am Mittwoch wird hier der "Tag des Sieges" gefeiert, worauf sich die ganze Stadt wie jede andere russische Stadt schon seit Wochen vorbereitet. Damit die Schüler und Lehrer nicht am Montag antanzen müssen und damit drei freie Tage haben, wurde dieser Schultag einfach vorgezogen.

Donnerstag, 3. Mai 2012

Успехи в русском языке

Man kann sich in der Fremde schon oft über ganz kleine Erfolge freuen, und manchmal möchte man sich sogar gleich einem Silberrückengorilla-männchen im Urwald von Borneo auf die Brust schlagen und es stolz hinausbrüllen. Ich spare mir jetzt diese Geste und schreibe lieber von meinen kleinen Erfolgen in der russischen Sprache. Ganz ehrlich gesagt, habe ich die Hoffnung aufgegeben, jemals halbwegs fließend, vielleicht mit einigen grammatischen Fehlern behaftet, Russisch sprechen zu können. Aber es gibt immer wieder kleine Momente mit großer Wirkung.
Da hatte ich doch am letzten Wochenende so herrlichen Besuch hier in Krasnojarsk und wollte Rimma auch einen netten Abend in einem der besten Restaurants, der "Shanti Bar", bieten. Da dieses Lokal aber nun sehr klein ist, muss man einen guten Tisch auch rechtzeitig vorbestellen. Ich hatte mich also ans Telefon gehängt und bei dem Lokal - auf Russisch wie gesagt (!) - einen ruhigen Tisch in einer ganz bestimmten Ecke bestellt. Holperig wie das Gespräch verlief, war ich um so glücklicher, als ich eben den besagten Tisch zur vereinbarten Zeit bekam. So wie die Bestellung eines Tisches funktioniert mittlerweile auch die Bestellung eines Taxis über Telefon. Aber auf all diese Situationen kann ich mich vorbereiten, womit sie fast so einfach wie das Einkaufen im Supermarkt oder der Besuch einer Stolowaja sind.
Heute allerdings begegnete ich auf dem Heimweg von der Schule einem Mütterchen, das mich ganz unvermittelt ansprach und nach dem Weg zur "uliza Kornetowa" fragte. Hatte ich sie schon ganz gut verstanden, so war ich noch glücklicher, dass ich über den Weg auch Bescheid wusste und als krönenden Abschluss ihr diesen erklären konnte. So spürte ich bei ihren Dankesworten doch schon den Drang, mir mal auf die Brust zu schlagen gleich einem stattlichen Silberrückengorilla im Urwald von Borneo.