Ich musste heute einen peinlichen Offenbarungseid leisten und das kam so:
Heute gab es mal wieder einen Anlass zum Feiern, denn den Absolventen des DSD I aus dem letzten Schuljahr, also zumeist den heutigen Zehntklässlern, wurden in einer feierlichen Zeremonie die Urkunden dieser Deutschprüfung übergeben. Obwohl ich an dieser Leistung nun wahrlich keinen Anteil habe, wurde ich als Deutscher gebeten, den Jugendlichen diese Urkunden zu überreichen und eine kleine Rede zu halten. Wenn auch das Reden vor all diesen Eltern und Gästen nicht gerade meine Sache ist, konnte ich das natürlich nicht ablehnen, zumal das als eine Ehre betrachtet wird. Ich war dann sogar froh, den Schülern gratulieren zu dürfen, denn immerhin sitzen die allermeisten von ihnen in meinem Unterricht.
So übergab ich dann, wohl etwas hölzern, die Urkunden und gratulierte den Absolventen in einer ganz kurzen deutschen "Rede" ("Ein paar Worte" heißt es hier immer), die auch ganz redlich gelang. Danach bedankte sich eine Schülerin stellvertretend für alle bei mir. Wofür? Ich weiß es wirklich nicht, denn zu dieser Leistung konnte ich gar nicht beigetragen haben. Nun, es war für mich dennoch eine schöne Sache dieses Geschenk in den Händen zu halten: Ein Buch über den berühmten russischen Maler Wassilij Iwanowitsch Surikow! Im Gespräch mit den Kolleginnen und Schülern nach der Feier räumte ich dann wahrheitsgemäß ein, dass ich bis zu meiner Ankunft hier nie etwas von Surikow gehört hatte. Man war geradezu entsetzt. (Vielleicht hätte ich einfach meine Klappe halten sollen.) Erst beim Durchblättern des schönen Buches erkannte ich einige mir bekannte Bilder. Aber warum sind russische Künstler im Westen so vollkommen unbekannt? Warum drehen wir uns immer nur um uns selbst? Darauf habe ich leider keine Antworten, aber ich kann etwas zur Aufklärung tun:
Wassilij Iwanowitsch Surikow wurde am 24. Januar 1848 hier in Krasnojarsk geboren und wuchs als Sprössling einer alteingesessenen Kosakenfamilie in Sibirien auf. Er studierte dann in Sankt Petersburg und ging als begnadeter Künstler nach Moskau, wo er an einigen Fresken der weltberühmten Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale mitwirkte. Bis heute sind seine großformatigen Historiengemälde weit über Russland hinaus bekannt (auch wenn sein Name wohl nur einer kleineren Fachgemeinde bekannt sein dürfte) und werden in der berühmten Tretjakow-Galerie in Moskau gezeigt. Hier in Krasnojarsk befindet sich ein bedeutendes Denkmal Surikows und ein Museum in seinem Geburtshaus.
(Randnotiz: unbedingt besuchen!!!)
Der Bronzene Reiter
Surikow malte unter anderem das übergroße Reiterdenkmal Peters des Großen, dass sich in Sankt Petersburg fast direkt an der Newa befindet. Ob die hier im Hintergrund dargestellte Isaak-Kathedrale aus dieser Perspektive wirklich zu sehen ist, kann ich leider nicht sagen. Aber in jedem Fall - ob nun Realismus oder künstlerische Freiheit - handelt es sich hierbei um eine großartige Darstellung des russischen Winters, wie sie heute kein Foto mehr einfangen könnte.
Moskau am Morgen der Hinrichtung der Strelitzen durch Zar Peter
1550 baute Zar Iwan der Gestrenge mit den "Strelitzen" eine Elitetruppe auf, die fortan als Palastwache und persönliche Leibgarde den Zaren zu beschützen hatte. Nach zwei blutigen Aufständen (1682 wegen eines Thronfolgestreits, 1698 als eine Art Palastrevolution) löste Zar Peter der Große diese Truppe auf und ließ die meisten der beteiligten Strelitzen hinrichten. Das war dann das Ende der berühmten Strelitzen.
Die Eroberung Sibiriens durch Jermak
Dieses Gemälde zeigt wie kaum ein anderes die Verbundenheit Surikows zu seiner Heimat Sibirien. Es erinnert an die Eroberung des Tartaren-Khanats Sibir durch den Kosaken-Ataman und Entdecker Jermak Timofejewitsch, womit der Drang der europäischen Russen in den schier endlosen sibirischen Raum begann. Russland wurde damit zunehmend zu einer Macht, mit der man rechnen musste.
Menschikow in Berjosow
Neben unzähligen Historiengemälden schuf Surikow auch eine Vielzahl Darstellungen alltäglicher Situationen. Hier wird der große russische Staatsmann und Generalissimus Alexander Danilowitsch Menschikow nach seiner Verbannung in das sibirische Berjosowo (nach dem russischen Wort für Birke "Berjosa") gezeigt. Der aufmerksame Betrachter (ich habe dieses Gemälde in meinem neuen Buch groß vor mir) spürt förmlich, wie dem ehedem so hoch Geachteten der Stolz des Großfürsten abhanden gekommen ist. Es ist nicht eine wirklich ärmliche Hütte, die hier dargestellt wird, aber der Gesichtsausdruck Menschikows verrät dessen Demütigung.
Ja, Wassilij Iwanowitsch Surikow ist ein wahrhaft großartiger Maler und ich gelobe, mich seinen Werken und seinem Leben genauer zu widmen.
Selbstporträt Surikows |
So übergab ich dann, wohl etwas hölzern, die Urkunden und gratulierte den Absolventen in einer ganz kurzen deutschen "Rede" ("Ein paar Worte" heißt es hier immer), die auch ganz redlich gelang. Danach bedankte sich eine Schülerin stellvertretend für alle bei mir. Wofür? Ich weiß es wirklich nicht, denn zu dieser Leistung konnte ich gar nicht beigetragen haben. Nun, es war für mich dennoch eine schöne Sache dieses Geschenk in den Händen zu halten: Ein Buch über den berühmten russischen Maler Wassilij Iwanowitsch Surikow! Im Gespräch mit den Kolleginnen und Schülern nach der Feier räumte ich dann wahrheitsgemäß ein, dass ich bis zu meiner Ankunft hier nie etwas von Surikow gehört hatte. Man war geradezu entsetzt. (Vielleicht hätte ich einfach meine Klappe halten sollen.) Erst beim Durchblättern des schönen Buches erkannte ich einige mir bekannte Bilder. Aber warum sind russische Künstler im Westen so vollkommen unbekannt? Warum drehen wir uns immer nur um uns selbst? Darauf habe ich leider keine Antworten, aber ich kann etwas zur Aufklärung tun:
Die Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau |
(Randnotiz: unbedingt besuchen!!!)
Der Bronzene Reiter
Surikow malte unter anderem das übergroße Reiterdenkmal Peters des Großen, dass sich in Sankt Petersburg fast direkt an der Newa befindet. Ob die hier im Hintergrund dargestellte Isaak-Kathedrale aus dieser Perspektive wirklich zu sehen ist, kann ich leider nicht sagen. Aber in jedem Fall - ob nun Realismus oder künstlerische Freiheit - handelt es sich hierbei um eine großartige Darstellung des russischen Winters, wie sie heute kein Foto mehr einfangen könnte.
Moskau am Morgen der Hinrichtung der Strelitzen durch Zar Peter
1550 baute Zar Iwan der Gestrenge mit den "Strelitzen" eine Elitetruppe auf, die fortan als Palastwache und persönliche Leibgarde den Zaren zu beschützen hatte. Nach zwei blutigen Aufständen (1682 wegen eines Thronfolgestreits, 1698 als eine Art Palastrevolution) löste Zar Peter der Große diese Truppe auf und ließ die meisten der beteiligten Strelitzen hinrichten. Das war dann das Ende der berühmten Strelitzen.
Die Eroberung Sibiriens durch Jermak
Dieses Gemälde zeigt wie kaum ein anderes die Verbundenheit Surikows zu seiner Heimat Sibirien. Es erinnert an die Eroberung des Tartaren-Khanats Sibir durch den Kosaken-Ataman und Entdecker Jermak Timofejewitsch, womit der Drang der europäischen Russen in den schier endlosen sibirischen Raum begann. Russland wurde damit zunehmend zu einer Macht, mit der man rechnen musste.
Menschikow in Berjosow
Neben unzähligen Historiengemälden schuf Surikow auch eine Vielzahl Darstellungen alltäglicher Situationen. Hier wird der große russische Staatsmann und Generalissimus Alexander Danilowitsch Menschikow nach seiner Verbannung in das sibirische Berjosowo (nach dem russischen Wort für Birke "Berjosa") gezeigt. Der aufmerksame Betrachter (ich habe dieses Gemälde in meinem neuen Buch groß vor mir) spürt förmlich, wie dem ehedem so hoch Geachteten der Stolz des Großfürsten abhanden gekommen ist. Es ist nicht eine wirklich ärmliche Hütte, die hier dargestellt wird, aber der Gesichtsausdruck Menschikows verrät dessen Demütigung.
Ja, Wassilij Iwanowitsch Surikow ist ein wahrhaft großartiger Maler und ich gelobe, mich seinen Werken und seinem Leben genauer zu widmen.
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