Sonntag, 9. Oktober 2011

Параскева Пятница и Шантй Бар

10 Рублей
Leider zieht die russische Staatsbank den 10-Rubelschein zunehmend aus dem Verkehr und ersetzt ihn gegen Münzen. Wer aber noch einen Schein ergattern kann, erkennt darauf wichtige Bauwerke aus Krasnojarsk - das Wasserkraftwerk, die Kommunalbrücke (2,3 km lang!) und das Wahrzeichen der Stadt, die "Paraskjewa Pjatniza"-Kapelle hoch oben auf dem Berg. Eben zu dieser Kapelle sind wir gestern Nachmittag gewandert.
Diese Kapelle ist das Wahrzeichen der Stadt
Der Heilige ist in göttliches Licht gehüllt
Die nach einer russischen Heiligen benannte Kapelle wurde 1804 auf dem Platz eines früheren holzernen Wachturms errichtet und etwa 50 Jahre später umgebaut. Zu Sowjetzeiten verfallen, restaurierte man die Kapelle nach dem Zusammenbruch des Sowjetimperiums und nutzt sie heute als Wallfahrtsort und um hübsche Hochzeitsfotos zu schießen. So konnten wir in der Zeit unserer Anwesenheit auch gleich mehrere frischvermählte Pärchen in ihrem Glücke beobachten. Wenn man in die sehr enge Kapelle geht, öffnet sich der Blick auf die sonnenbeschienenen Ikonen wichtiger Heiliger. Auf der linken Seite verkauft ein älteres Mütterchen kleine Ikonen und Kerzen, die man bei seinem Wunschheiligen anzündet und plaziert. Der dabei ausgesprochene Wunsch soll dann in Erfüllung gehen.Werde ich nun zwei oder mehr absolut tolle und gesunde Jahre in Krasnojarsk haben?
12.00 Uhr Krasnojarsker Zeit = 06.00 Uhr in Deutschland
Vor der Kapelle steht, etwas unterhalb der Bergspitze eine kleine, funktionstüchtige Kanone, die jeden Tag um 12.00 Uhr einen Schuss abfeuert, so dass die Krasnojarsker danach ihre Uhren stellen können.
 Von hier aus wandten wir uns in Richtung Stadt und machten uns an den zum Teil sehr steilen Abstieg vom "Karaulnaja"-Berg. Aber nicht der Berg war gefährlich für uns, sondern die danach folgende vierspurige Straße, die es zu überqueren galt. Todesmutig sprang ich zur Unzeit zwischen die wütend fauchenden Stahlleiber der dahinrasenden Maschinen und fand dabei fast den Tod. Aber die heilige Paraskjewa Pjatniza hat mich doch beschützt, ebenso wie meine bedeutend umsichtigeren Begleiterinnen, die lange auf eine kleine Lücke zwischen den Autos warteten. 
Nadja hat noch nie Shisha probiert, fand aber Gefallen daran
All diese spannenden Erlebnisse wurden dann gekrönt von dem Abendessen in der Shanti-Bar mitten im Krasnojarsker Zentrum. Manch einer mag denken, als Vegetarier habe man in Russland keine Chance. Die Shanti-Bar belehrte uns jedoch eines Besseren - ein indisches Vegetarier-Restaurant der Spitzenklasse. Im Keller eines der typischen Blocks kommt man in eine matt erleuchtete Höhle von unbeschreiblicher Gemütlichkeit. Zwischen den Kissen auf niedrige Sofas geflätzt, genossen wir dann ein köstliches vegetarisches Mahl aus den kulinarischen Geheimgängen Indiens, dessen Namen wir - selbstredend - nicht aussprechen konnten. Hier waren meine russischen Freunde fast genauso verloren wie ich, zumal ich eine englischsprachige Karte bekam. Das war denn auch einer der Höhepunkte des Abends: Es war mir anfangs gar nicht bewusst, dass ich eine englische Karte hatte, und als ich die dazwischenliegende russischsprachige Weinkarte studierte, wurde mir nicht bewusst, dass ich in der Schriftsprache wechselte. Ist das jetzt der erste sprachliche Sprung? Nehme ich die kyrillische Schrift jetzt unbewusst auf? Als Tanja mich darauf aufmerksam machte, war ich natürlich stolz wie Bolle.
Der heilige Schrein der Shanti-Bar
Jetzt bemerkte ich, dass die nach dem Essen zu genießende "Shisha" in meiner englischen Karte "Hookah" genannt wurde, während in der russischen Karte "Калянь" stand. Alle drei bezeichnen denselben Zustand absoluter Entspannung im arabisch-asiatischen Raum: Man lässt sich zum fruchtigen Rauch der Wasserpfeife treiben. Dies war dann der krönende Abschluss eines köstlichen indischen Mahls in der Shantai-Bar.
Hier in Sibirien lässt sich die russisch-orthodoxe Kultur mit der arabisch-islamischen Kultur zu einem spannenden Abenteuer verbinden!

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