Mittwoch, 24. April 2013

Театр танца и гитарного рока

Vorhang auf für Terjoschkins "Freies Ballet":
Ohne Blitz: fast surrealistisch!
Vor über einem Monat kam Liza aus der 11. Klasse zu mir: "Herr Janke, am 23. April ist wieder Terjoschkin da. Wollen Sie auch eine Karte?"
Es war Ehrensache für mich, zu sagen: "Natürlich, Liza, wenn du wieder Karten ganz vorn in der Mitte bekommst, bin ich mit Begeisterung dabei."
Nach knapp einer Woche brachte das Mädchen die Karte zu mir und wollte dafür 400,- Rubel haben.
"Was?", schnappte ich nach Luft, "So teuer war es doch noch nie!"
Naja, wenn man schon die besten Plätze im Saal haben will, muss man eben auch was dafür berappen. Wegen des Preises kamen von der sonst üblichen Truppe auch nur Liza selbst und ihr Freund mit.
Erst ein paar Tage später sagte mir das Mädel auf die Frage, was denn diesmal auf dem Programm steht, dass es sich zum größten Teil um Jazz handeln würde. Jazz!!! Ich bilde mir ja ein, musikalisch recht weit gefächert interessiert zu sein: Das geht von Alter Musik über Barock und Klassik, aller möglicher Folk Music bis hin zu Gothic und Heavy Metal. Aber Jazz geht gar nicht! Mir kräuseln sich die Zehennägel bei dem Geklimper. Da wollte ich schon die Karte verfallen lassen.
Gestern überwand ich mich dann aber doch, biss die Zähne zusammen und traf mich abends am Konzertsaal mit den beiden Jugendlichen. Und jetzt bin ich doch ganz froh, mich überwunden zu haben, denn der Abend wurde noch richtig gut. Also, was die Musik angeht, zu der Terjoschkins Truppe tanzte, so wurden meine Befürchtungen in den allermeisten Teilen bestätigt. Der Tanz der Leute auf der Bühne war aber, wie immer, eine wahre Freude. Wie immer stoben die jungen Damen und Herren über die Bühne, drehten sich im Tanze wie Derwische oder litten in Gestik und Mimik am Boden mit unsäglichen Verrenkungen.
Auf diese kurze Distanz, forciert wohl durch die Kostüme, fiel mir dieses Mal aber auch etwas ziemlich Erschreckendes auf: Scheinbar
Das "rote Mädel" - nicht magersüchtig!
gibt es in Russland seit einigen Jahren nicht genug Nahrung für alle Menschen. Einige der Mädels waren derart knöchern, dass ich wahrlich an eine Hungersnot denken musste. Da fielen besonders zwei junge, hoch aufgeschossene Damen auf, die mir den Eindruck vermittelten, dass Anorexie auch in Russland kein Fremdwort ist. Wie schaffen die das, so ganz ohne Ennergie durch Nahrung, eine ganze Stunde auf der Bühne zu wirbeln? Liza erklärte mir in der Pause, deren körperlicher Zustand lasse sich durch das viele Tanztraining erklären. Ich denke lieber nicht weiter darüber nach...
Nach der Pause kam dann der Höhepunkt des Abends. Auf der Bühne erschienen zwei etwas reifere Herren und setzten sich auf ein kleines Podest - auf der linken Seite ein bebrillter Mann mit bereits schütterem Haar an das Klavier und rechts ein etwas jüngerer Gitarrist mit Löwenmähne. Und dann folgte ein Spektakel der besonderen Art für Augen und Ohren. Für die Augen war der Pianist zuständig, denn jeden Ton, den er auf den Tasten anschlug, spürte er mit dem Mund mit. Seine Extase drückte sich in einem fast ununterbrochenen stillen Klappern der Lippen aus.
Weit introvertierter zeigte sich der Gitarrist, der auf einem Stuhl sitzend kaum eine erkennbare Regung zeigte. Sein Gitarrenspiel war dafür umso fantastischer. Mithilfe elektronischer Unterstützung zeigte er von der klassischen spanischen Gitarre über die Lagerfeuerklampfe bis hin zu rockigen Klängen und sogar dem Sägen richtiger Metalgitarren alles, was nur irgend möglich zu sein scheint. Es gab keine Melodie, keine Synkope, kein Griff, der ihm zu schwer war. Und so starrte ich wie gebannt auf die Bühne zu diesem großartigen russischen Gitarristen und entwickelte einen faszinierenden Gedanken:
Man stecke den Mann in die richtigen Klamotten, also schwarze Jeans- oder Lederklamotten, kaufe ihm ein Flugticket nach Hamburg und stelle ihn am ersten Augustwochenende auf die Bühne in Wacken. Der Typ würde mit Sicherheit ganz allein 50.000 Metalfans rocken, dass der Nacken schmerzt.
Wow, das war was! Wird Zeit, dass ich mal wieder nach Wacken komme - vielleicht sieht man sich dort wieder!
Zum Schluss nochmal alle Mädels. Auf dem Podest rechts Meister Terjoschkin höchstselbst.

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