Samstag, 6. April 2013

"Белоснежка и .. гномов"

Wieviele Zwerge gibt es rund um Schneewittchen? Sieben? Falsch! Das 19-jährige Schneewittchen tanzt und singt mit etwa dreißig (!) Zwergen im dunklen Wald, wohin sie vor der schwarzen Königin geflohen ist. Um etwaigen Missverständnissen von vornherein vorzubeugen, sei hier noch gesagt, dass mindestens zwei Drittel der Zwerge eigentlich kleine Mädchen, also Zwerginnen, sind.
Die junge Frau ist auch nicht das schüchterne Heimchen, das den nach Schätzen suchenden Zwergen die Hütte sauber hält, sondern eine gestrenge Lehrerin, die den Minis das Singen beibringt. Ebenso betätigen sich die Zwerge nicht im Bergbau, sondern kümmern sich als Wächter der Zeit um Uhren.

All das habe ich heute bei einem Theaterbesuch erfahren. Da ich Märchen über alles liebe, konnte ich es mir nicht nehmen lassen, mir das musikalische Märchen "Schneewittchen und ..." anzusehen.
Allerdings habe ich diese Entscheidung noch vor der Vorstellung im Foyer fast bereut, denn ich kam mir schon etwas komisch vor zwischen all den kleinen Kindern, die mit ihren Mamas gekommen waren. Im Saal stellte ich dann aber zu meiner Beruhigung fest, dass auch einige Papas mitgekommen waren, so dass ich nicht als einziger Mann zu falschen Vermutungen Anlass gab.
Man hatte das auch in Russland sehr bekannte Grimm'sche Märchen für die Theaterbühne adaptiert und zum Schutz der lieben Kleinen, die im Übrigen in Russland erheblich verhätschelt werden, fast aller den deutschen Märchen typischen Grausamkeiten entledigt. So wurde Schneewittchen nicht etwa von einem Jäger in den Wald geschleift, mit dem Auftrag, sie zu töten und ihr dann das Herz rauszureißen.
Tot? Nein, sie schläft!
Auch unternahm die üble Königin nicht einen Mordanschlag nach dem anderen gegen das schöne Mädchen, sondern beschränkte sich auf einen Trunk, der aber nicht in den Tod führen sollte, sondern nur in eine tiefe Ohnmacht. Aus dieser wiederum erlöste sie nicht etwa ein stolzer Prinz - auch wenn dieser am Ende doch noch auftauchte - sondern die kleinen Zwerge mit ihren Uhren.
Das ist in etwa die Geschichte, wie ich sie verstanden habe. Das wiederum war nicht ganz einfach, denn neben den sinntragenden Liedern der Darsteller wurde recht viel vom Erzähler, der Königin und natürlich auch dem Schneewittchen und den Zwergen erzählt. Ich versuchte mich natürlich ganz stark auf die Sprache zu konzentrieren, schweifte aber, abgelenkt durch das sehr fantasievolle Bühnenbild und die niedlichen kleinen Zwerglein, immer wieder ins Traumreich ab.
Auch wenn die Musik nun kaum meinen Geschmack traf, war ich doch sehr angetan, insbesondere von den tänzerischen und schauspielerischen Leistungen der kleinen und kleinsten Künstler. Immerhin maß der kleinste Zwerg (oder besser: die kleinste Zwergin) nicht einmal einen Meter und zählte wohl kaum sechs Jahre. Dennoch spielte das Mini wie eine Große mit fantstischer Gestik und Mimik eine Hauptrolle unter all den dreißig Zwergen. Überhaupt waren die Zwergenkinder allesamt Spitze.
Sowohl die kleinen Darsteller auf der Bühne als auch die vielen Zwerge unter den Zuschauern zeigten mir wieder einmal, wie gut es in Russland gelingt, auch die Jüngsten an eine Theaterkultur heranzuführen. Schade finde ich es nur, dass diese kleinen Kinderchen wie Große immer auf ihren Stühlen festgenagelt mit Schweigen sitzen müssen. Wie erfrischend wäre doch eine Theaterkultur, in der zumindest die Kleinen aktiv sein dürfen - so wie zu Shakespeares Zeiten, als auch die erwachsenen Zuschauer aktiv am Geschehen auf der Bühne teilnahmen?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen