Sonntag, 7. Oktober 2012

Семинар в Новосибирске

Jetzt sitze ich hier in meiner Wohnung und kann zusehen, wie sich die Natur in zunehmendem Tempo entkleidet, wie die Bäume ihr gelbbuntes Blätterkleid abstreifen. Der Herbst war vor sechs Tagen, als ich mit dem Zug nach Nowosibirsk fuhr, noch nicht so weit fortgeschritten.
Herbst in der Taiga
Am Montag fuhr ich, nachdem Mutter und Vater glücklich in ihr Flugzeug gestiegen waren, erstmals tagsüber in das knapp 1.000 Kilometer entfernte Nowosibirsk und konnte so die herrlich bunten Wälder mit den dazwischen liegenden Dörfern im strahlenden Sonnenschein sehen.
Dennoch war die lange Zugfahrt (etwa 12 Stunden) nicht vorbehaltlos ein Vergnügen, denn die Zeit dehnte sich in dem schrecklich überheizten Großraumwagen ins Endlose. Nur ein Erlebnis hellte die Atmosphäre deutlich auf. Im Waggon sprach mich die burjatisch aussehende Schaffnerin an: "Wenn Sie chabben Frrage, kommen Sie zu mir!" Die Dame sprach, wie sich dann in einem Gespräch herausstellte, fließend Deutsch. Sie erzählte auch ein wenig von ihren Deutschlanderfahrungen in Bayern und verkürzte so die Wartezeit.
Wir arbeiteten im Büro vom Chef
Abends im Hotel wartete der Tomsker Kollege, mit dem ich wie immer das Zimmer teilte, bereits auf mich und berichtete erst einmal vom gemeinsamen Abendessen, das ich leider verpasst hatte. Nun, ich war schon seit halb Sechs auf den Beinen, weshalb der Abend dann auch nicht sonderlich lang wurde. Ich würde ja in den folgenden Tagen hinreichend mit den Kollegen aus ganz Sibirien (ein Kollege ist jetzt in Jakutsk!) sprechen können.
Das (fast) komplette sibirische Team
Genau das taten wir dann auch in den nächsten vier Tagen ausführlich, wobei natürlich der Mammutanteil von dienstlichen Gesprächen übernommen wurde. Wir planten wichtige Dinge für das gerade angelaufene Schuljahr und schoben auch einige neue Projekte an, die Sibiriens DSD-Schulen sicher um einiges weiterbringen werden.
Der Chef erklärt
Es gibt in den meisten Schulen zwar das DSD II, mit dem die Schüler eine Studien-berechtigung für Deutschland erlangen können, aber das in der 9. Klasse zu prüfende DSD I muss in vielen Schulen noch neu installiert werden. Deshalb erstellten wir umfangreiche Arbeitspläne und diskutierten diese. In kleinen Gruppen arbeiteten wir auch Projekte zum umfassenden Erlernen der deutschen Sprache aus, so dass sich jetzt jeder an den Ideen bedienen kann, ohne das Rad neu erfinden zu müssen. Insgesamt eine fruchtbringende Arbeit.
Wie hatten Spaß beim Empfang

Die Abende waren geprägt vom gemütlichen Beisammensein in einem Café oder einer der unzähligen Kneipen Nowosibirsks. Eine besondere Stellung nimmt dabei aber der Mittwochabend ein, denn an dem 03. Oktober lud das deutsche Generalkonsulat wie jedes Jahr zum feierlichen Empfang zum Tag der Deutschen Einheit in den großen Saal des Majakowskij-Hauses.
Der Generalkonsul
Da versammelten sich die Mitarbeiter des Generalkonsulats,Vertreter der deutschen Organisationen, Goethe-Institut, DAAD und andere, sowie viele russische Gäste. Sehr früh fiel mir ein junges Mädchen auf, das mit ihrem schwarzen Zopf sehr hübsch aussah, aber in ihrem wallenden Kleid an ein barockes Fest erinnerte. Irgendwie schien das nicht so ganz zusammen zu passen!
Snjegurotschka
Nach den Begrüßungsworten des Generalkonsuls und einigen weiteren Reden - unter anderem auch der niedersächsische Wirtschaftsminister - trat dieses Mädchen mit dem goldenen Kleid auf die Bühne und sang mit glockenheller Stimme russische Lieder. Nun wirkte auch dieses Kleid ganz anders und ich fühlte mich wie in einem russischen Märchen, in dem "Snjegurotschka" vom russischen Winter singt.

Herbst in der Stadt
Die Zugfahrt zurück nach Krasnojarsk in der Nacht vom Freitag auf den Samstag war dann wieder etwas weniger langweilig, denn ich konnte doch, mit einigen Unterbrechungen, schlafen und so die Zeit totschlagen. So kam ich gestern in meiner nunmehr verödeten Wohnung an und genieße nun wieder den Alltag im kälter werdenden Sibirien.

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