Freitag, 10. Mai 2013

День Победы - День дружбы народов

Gestern war von allerhöchster Stelle für ganz Russland "Kaiserwetter" bestellt, damit die Reußen in gebührender Manier ihren wichtigsten Feiertag begehen konnten: den Tag des Sieges. Und zumindest hier in Krasnojarsk hielten sich die verantwortlichen Wettermacher auch an diesen Befehl, so dass ich den Tag für einen Gang über die Tatischewa-Insel und durch die Stadt nutzen wollte.
Also machte ich mich also gegen Mittag auf den Weg zum Bus. Nun ist es so, dass jeder Stadtbezirk zusätzlich zu der zentralen Feier im Zentrum auch noch sein eigenes Fest veranstaltet, und dass dieses Fest für den Kirowskij Rayon direkt vor meinem Haus stattfindet.
Daher konnte ich die kleine Parade schon am Vormittag von meinem Balkon aus genießen und dachte mir beim Aufbruch auch, 'du könntest ja auf der Festwiese erstmal ein Schaschlik zum Mittag essen.' Gesagt, getan: ich stellte mich also - keine 200 Meter von meiner Wohnung entfernt - in die Schlange am Schaschlikstand und  kaufte gleich zwei Portionen des leckeren Fleisches.
Mit dem dampfenden Festmahl setzte ich mich dann an einen der Party-Tische und mampfte still vor mich hin. Da "quatschte" mich einer der mit am Tisch sitzenden, schon gut betankten Russen mit
schwerer Zunge an. Da ich kaum eines seiner Worte verstand, gab ich gleich zu, dass ich als Deutscher kaum etwas verstand. Nun muss man wissen, dass die Russen am 9. Mai den Tag des Sieges über die "Hitlerfaschisten", nicht aber über die "Deutschen" feiern, weshalb ich mir bewusst war, dass der Hinweis auf meine Herkunft kein Problem sein würde.
Einer der jungen Männer fing dann auch gleich an, in einem wirren Gemisch aus Russisch, Deutsch und Englisch auf mich einzureden, während ein anderer mit schwerer Zunge versuchte, russische Sätze zu artikulieren. Die Leute begrüßten mich geradezu überschwänglich und wollten mit mir auch gleich auf den Frieden und die Freundschaft anstoßen, was ich natürlich keinesfalls ablehnen konnte.
Alexander und Anton bestanden dann auch darauf, dass ich das bei mir angefallene Alkoholdefizit aufzuholen habe, damit wir "auf Augenhöhe" den großen Sieg feiern könnten. Nun grauste mir natürlich vor dieser Verpflichtung (und ich legte mir auch gleich eine möglichst unauffällige "Exitstrategie" zurecht), aber ich durfte natürlich im Sinne der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft - äh, im Sinne der Völkerverständigung - nicht einfach ablehnen. So schafften wir es, innerhalb relativ kurzer Zeit eine ganze Flasche
"Beresowaja" zu leeren. Ja, was tut man nicht alles für die Völkerfreundschaft? Irgendwann schaffte ich es, mich unauffällig zu verabsentieren und ging, schon am frühen Nachmittag etwas unsicher, nach Hause. Ich wusste ja, dass ich am Abend noch eine wichtige Verabredung haben würde und packte mich deshalb auch noch einmal ins Bett, wo ich den lustigen Nachmittag Revue passieren lassen musste.
Pünktlich um 18.00 Uhr schaffte ich es aber, mich mit halbwegs klarem Kopf in die Stadt aufzumachen, wo ich mit Tanja und Nadja den Tag des Sieges bei einem gepflegten Essen im Bulgakows beschließen wollte. So gab es, im eleganten literarischen Ambiente, mit zwei schick gekleideten jungen Damen ein wahres Festmal, bestehend aus Forellenfillets mit unterschiedlichsten Beilagen und vielfältigem Getränk.
Irgendwann kam Tanja, oder war es Nadja?, auf den Gedanken, das wir uns das Feuerwerk anlässlich des höchsten Feiertages auch gebührend vom höchsten Platz der Stadt aus ansehen sollten. So kamen wir dann, etwas hektisch, gerade noch rechtzeitig  bei der berühmten Paraskjewa-Pjatniza-Kapelle an und konnten abschließend ein großartiges Feuerwerk genießen.
Ja, der 9. Mai - nicht etwa Weihnachten, Ostern oder der Tag der Russischen Einheit - ist der höchste Feiertag in Russland, und ich habe mir in diesem Jahr wahrhaft große Mühe gegeben, diesen Tag ganz im Sinne der Deutsch-Russischen Völkerfreundschaft zu feiern - auch unter Einsatz meiner Gesundheit.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen