Samstag, 9. Juni 2012

Последний день

Die DSD-Elite des nächsten Jahres
Heute ist mein letzter vollständiger Tag in Russland und in meinen Gedanken spiele ich immer wieder all die guten und weniger guten Erlebnisse dieses Jahres durch. Nun, um ganz ehrlich zu sein, das ist ja nicht wirklich mein letzter Tag in Russland, denn ich werde ja im August mein zweites Jahr hier in Krasnojarsk beginnen. Deshalb denke ich eigentlich sehr viel mehr über meinen "Auslandsurlaub" in der guten, alten Heimat nach. Was wird mich erwarten? Wie werde ich alle für mich vormals selbstverständlichen Dinge jetzt betrachten? Habe ich mich wirklich verändert?
Ach Quatsch, das ist doch alles Kaffeesatzlesen...
Wir haben hart gearbeitet...
Ich hatte jetzt noch einmal eine ganz schöne Woche mit den zukünftigen DSD-Schülern der jetzigen achten Klasse, was mir auch richtig Spaß gemacht hat. Dabei waren die beiden Gruppen bisher immer eher wenig motiviert. Jetzt aber, wo die Schule fast leer ist und die meisten anderen bereits in den Ferien bei Oma und Opa auf der Datscha sind, konnten wir richtig gut arbeiten. Ja, die Schule ist fast leer und die meisten russischen Schüler haben seit dem 1. Juni Ferien. Verblieben sind nur noch die Prüflinge der elften und der neunten Klassen - und eben die Handvoll DSD-Kandidaten des nächsten Jahres.
... und hier.
... wie man hier sieht...
Die Kinder haben in dieser Woche eine erste Begegnung mit dem DSD I gehabt, wodurch sie an einem Modellsatz genau sehen konnten, was im nächsten Jahr auf sie zukommt. Vielleicht hat ihnen das die Augen geöffnet und sie so recht gut motiviert, so dass wir sehr effektiv und konzentriert arbeiten konnten. Und mich lenkte das ganz gut von der zunehmenden Aufregung vor meiner weiten Reise ab. Gestern war dann der letzte Tag an der Schule und ich konnte mich von den anwesenden Kolleginnen und Schülern verabschieden. Und abends bin ich noch mit einigen russischen Freunden ins "Kalinka-Malinka" gegangen, wo wir eine letze orginale russische Mahlzeit hatten und ich mich auch bei denen ordentlich verabschieden konnte. Ab morgen gibt es dann wohl wieder die gewohnte deutsche Küche mit Currywurst und Döner etc.
Aber eines ist nach diesem Schuljahr klar: Россия, я вернусь!

Montag, 4. Juni 2012

Столбы VI. - Крепость

So wie dieses "russische Jahr" mit einem Paukenschlag begonnen hatte, so endete es auch mit einem  Paukenschlag - am Anfang stand die Floßtour auf der Mana am 20./21. August und am Ende eine spannende Wanderung in der Taiga an diesem Wochenende. Schon in den ersten Tagen hatte Nadja davon geredet, mich mal auf eine Tour in die Wildnis der Taiga, nach "Крепость", mitzunehmen und jetzt ist es auch wahr geworden.
Wir machten uns also am Samstag nach einigen Vorbereitungen zu zweit, Nadja und ich, auf den langen Weg, zuerst mit dem Taxi und dann zu Fuß quer durch den Naturpark Stolby in die Wildnis, wo wir auf die anderen Stolbisty der Gruppe treffen wollten. Bereits zu Beginn, auf den offiziellen Touristenpfaden, hatte ich ein besonderes Aha-Erlebnis, denn an diesem 2. Juni sah man in den schattigen Tälern bei +28°C noch dicke Eisbrocken auf dem Bach und daneben wundervoll blühende Wiesen. Es ging also durch die Sommerhitze immer weiter, vorbei an der "Ersten Säule" und anderen Felsen - immer bergauf. Erst als wir den Park in die Taiga hinein verließen, konnten wir wieder bergab marschieren und stapften dann durch die Wildnis in einem Tal, auf Pfaden, die nicht mehr an die Existenz des Menschen erinnerten. Das also war die Taiga: 500 Kilometer Wildnis in jede Richtung und kein menschlicher Laut! Der "Weg" führte uns über Stock und Stein, durch Sumpf und Sand, zwischen Büschen und Bäumen, wobei wir immer darauf achteten, den Kontakt mit Blättern und Gräsern auf ein Mindestmaß zu beschränken, denn man muss sich hier sehr vor Zecken schützen.
Wege in der Wildnis
Neben dicken Eisschollen ...

... wachsen herrliche Blumen
Mittlerweile war ich schon ziemlich müde, denn der Rucksack wurde eben nicht leichter. Da zeigte mir Nadja dann zwischen den Bäumen ein riesiges Felsmassiv und sagte: "Смотри, это Крепость!" Ja, ich habe den berühmten Felsen, von dem meine Wanderfreunde schon im letzten August gesprochen hatten, endlich gesehen. Es konnte ja nicht mehr weit sein! Nach einigen Minuten kamen uns aber die anderen sechs Leute unserer Gruppe entgegen und sagten, dass sie von dem Platz vertrieben wurden und wir jetzt zurück nach Stolby gehen müssten. Was, so kurz vor dem Ziel sollte doch wieder nichts daraus werden? Die ganze Plackerei sollte umsonst gewesen sein? Nun, was soll man machen, wenn vor einem ein bewaffneter Parkwächter steht und den Rückmarsch befiehlt!
Aber umsonst war der ganze Weg absolut nicht, wie sich schon nach wenigen Minuten herausstellte. Die uns voranmarschierenden Ranger waren stehen geblieben und hatten ihre Waffen in den Anschlag gebracht. Einer der Wanderer sagte auch sofort: "Осторожно, медвед!" Da war also ein Bär im Dickicht und randalierte lautstark, wie ich noch fast im selben Moment hörte, zwischen den Bäumen. Ich gebe ehrlich zu, dass mir, als der Bär auch noch brüllte, nicht so ganz wohl war und ich den Umweg durch das schlimmste Dickicht auch gern in Kauf nahm. Dann blieben alle stehen und wiesen nach rechts, und da sah ich ihn auch: den ersten und vielleicht einzigen wilden Bären meines Lebens! Nun, ich will ganz ehrlich sein und zugeben, dass ich nur seinen großen A... also sein Hinterteil sah, aber das war auch schon recht imposant!
Dieses Foto konnte ich am Sonntag von einem Felsen aus machen: Blick über die Taiga, mit einer "Säule" im Zentrum.
Der Rest dieses fantastischen Wochenendes ist schneller erzählt. Wir kamen relativ spät an einer Wanderhütte an und feierten den Tag mit einem umfangreichen Abendessen ganz nach russischer Art mit Tee und - Wodka. Hundemüde ging ich dann schlafen, musste mich aber noch in der Nacht aus dem engen Container, in dem wir zu fünft fast übereinander lagen, nach draußen legen. Erst da konnte ich, trotz der nächtlichen Kälte, ganz gut schlafen und auch die frische Luft genießen. Genießen konnte ich das dann am nächsten Morgen jedoch nicht mehr, denn ich hatte wieder einmal nicht auf die anderen gehört, die mich immer wieder vor den Zecken warnten. So fanden wir dann beim Frühstück auch eine Zecke, die sich bereits in meinen Arm gebohrt hatte. Irina hatte aber gute Erfahrungen damit und entfernte das Vieh mit sehr viel Know-How. Dennoch ging mir natürlich die Sache mit der Encephalitis oder gar Boriliose nicht aus dem Kopf, als wir uns auf den langen Weg zurück machten. Aber sie sagt man so schön in Russland: "Всё будет хорошо!"

Am frühen Abend war ich dann völlig fertig von der langen Tour, aber auch glücklich über ein ganz besonderes Abenteuer: Die Wanderung nach "Крепость", die dort zwar nicht hinführte, mir aber zwei unvergessliche tierische Begegnungen einbrachte -
                      mit einem großen Bären und mit einer kleinen Zecke!
"Unendliche Weiten ..." - Nicht das Weltall, sondern die Taiga!